Ärzteschaft

Fachärzte wollen ambulante Leistungen gewürdigt wissen

  • Montag, 14. Dezember 2020
/picture alliance, ZUMAPRESS.com, Cecilia Fabiano
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Berlin – Der Spitzenverband der Fachärzte (Spifa) will dafür werben, dass in den gesundheitspolitischen Reformen künftig die Leistung der niedergelassenen Fachärzte stärker gewürdigt wird. In der derzeitigen Pandemie lieferten die Versorgung von Patienten in Krankenhäusern die besseren medialen Bilder, so dass die Leistung von niedergelassenen Ärzten nicht immer angemessen gewürdigt würde.

Der Vorsitzende des Fachärzteverbandes, Dirk Heinrich, lobte die Arbeit der Vertragsärzte, die seit Be­ginn der Pandemie PCR-Abstriche zeitweise ohne Schutzausrüstung gemacht hätten, insgesamt 19 von 20 COVID-19-Erkrankte versorgt hätte, zusätzlich zu allen anderen Erkrankungen, wegen denen Patien­ten in die Praxen gekommen seien. Heinrich warb dafür, dass künftig die Ärzteschaft als freier Beruf mehr gewürdigt werden müsse.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) seien in vielen Fällen in der Pandemie zum Auftragnehmer geworden für Aufgaben, die gar nicht die ihrigen seien. Das Aufbauen von Impfzentren oder Fieber­am­bulanzen gehöre nicht zu den Kernaufgaben. Zusätzlich würden die Vertragsärzte die Arbeit der KVen aus ihren Honoraren finanzieren. Aber der freie Arztberuf verpflichte dazu, dem Gemeinwohl der Allge­meinheit zu dienen.

„Wo ständen wir in dieser Krise, wenn es den freien Arztberuf nicht gäbe?“, fragte Heinrich. Für die Zu­kunft der Versorgung müsste die strikte Sektorentrennung überdacht und vor allem die Frage gestellt wer­den, wie mehr Leistungen in die ambulante Versorgung kommen. Dafür müssten auch die Vergü­tungs­maßstäbe zwischen ambulanter und stationärer Versorgung angepasst werden. Fachärzte in beiden Sektoren verstünden sich nicht als Konkurrenz: „Wir Fachärzte arbeiten ambulant und stationär als freier Beruf mit ambulanter wie stationärer Tätigkeit“, sei Heinrich.

Bedarfsplanung löst keine Probleme

Er warb dafür, die vielen Versorgungsdaten, die in den Praxen erhoben werden, besser für die Versor­gungsforschung einzusetzen. Um mehr Nachwuchs zu gewinnen, müssten mehr Studienplätze geschaf­fen, die Budgetierung ambulanter Leistungen sowie die Bedarfsplanung abgeschafft werden.

„Es ist eine Illusion, dass man mit Bedarfsplanung die Probleme in der ambulanten Versorgung lösen kann“, so Heinrich. Die digitalen Lösungen, die nun in die Praxen kommen, sieht der Spifa-Vorsitzende kritisch: So gebe es bei dem geplanten eletronischen Rezept (eRezept) sowie der elektronischen Arbeits­unfähigkeits­bescheinigung immer noch zusätzlich einen Ausdruck auf Papier, die elektronische Patien­tenakte (ePA) sei unvollständig. Er forderte mehr Patientenfallakten sowie bessere Ersatzverfahren, falls die Internetver­bindungen nicht funktionieren.

In einer anschließenden Diskussion über die Digitalisierung in den Vertragsarztpraxen stellte gematik-Chef Markus Leyck-Dieken klar, dass viele der kritisierten Entwicklungen vor mehr als einem Jahrzehnt auch von der Ärzteschaft beschlossen wurden. „Die Ärztevertreter wollten, dass es Konnektoren gibt, da­mit die Datenhoheit in den Praxen bleiben und ihre Patientendaten nicht in externen Rechenzentren ge­speichert werden“, so Leyck-Dieken. Die Apotheker seien beispielsweise einen anderen Weg gegangen und hätten heute eigene Rechen­zentren, auf denen Daten liegen.

Bürger bestimmen, welche Daten geteilt wer­den

Mit der Digitalisierung der Vertragsarztpraxen gebe es nun auch technologisch einen Sprung von 14 Jah­ren. Das eRezept sei auf internationalen Standards aufgebaut und viele EU-Bürger könnten dies bereits nutzen. Zusätzlich seien viele Projekte, die nun angegangen werden, Auswirkung von deutscher sowie europäischer Rechtsprechung. Die Fallakte, so wie Heinrich sie fordere, sei nicht das, was sich der deutsche sowie europäische Gesetzgeber wünsche. „Die Bürger bestimmen, welche Daten geteilt wer­den“, so Leyck-Dieken.

Auch die Kritik der Datenschützer an der jetzigen ePa, dass Versicherte ihre Dokumente nicht für jeden Arzt gesondert zuteilen könnten, wies er zurück. „In anderen EU-Ländern, in denen es dieses feingranu­lare Management der Daten gibt, nutzen Patienten dies nicht. Wir dürfen die Digitalkompetenz da nicht überschätzen“, so Leyck-Dieken.

Nun komme die ePa 2022 dann mit der Sortierbarkeit und 2023 werde man dazu Bilanz ziehen. Die Kri­tik von Heinrich, die ePa sei ein besserer „Leitzordner“, den Ärzte in der Praxis nun selbst sortieren müs­sen, wies Leyck-Dieken ebenso zurück. „Mit Vergleichen, die ePa sei eine digitale Aldi-Tüte oder ein Leitz­ordner, damit begann das Unglück in der Kommunikation über die ePa.“

Spifa-Vorsitzender Heinrich betonte, dass Ärzte eigentlich Freunde der Digitalisierung seien. „Die Freude lässt allerdings nach, wenn wir die technischen Geräte einbinden müssen, die Karten bestellen und die Investitionen tätigen müssen.“ Leyck-Dieken warb für den weiteren Austausch, die gematik sei interes­siert daran, sich über die Entwicklungen und Notwendigkeiten in den Praxen intensiv austauschen.

„Wir haben mit über 35 Fachgesellschaften über die Gestaltung von Digitalprodukten gesprochen. Wir öffnen uns sehr für Gespräche mit der Ärzteschaft.“

bee

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