Ärztekammer Hamburg positioniert sich zur Sterbehilfe

Hamburg – Die Delegiertenversammlung der Ärztekammer Hamburg hat Eckpunkte dazu abgestimmt, wie Ärzte und Gesellschaft das Thema Sterbehilfe künftig handhaben sollten. Hintergrund ist, dass das Bundesverfassungsgerichts im Februar 2020 die geschäftsmäßige Förderung eines Suizides für nicht strafbar erklärt hat.
Das Gericht erkannte zudem das Recht auf selbstbestimmtes Sterben als Ausdruck von Autonomie an und damit auch die Freiheit jedes und jeder Einzelnen, Suizidhilfe bei fachkundigen, kompetenten Dritten zu suchen, um Suizid schmerzfrei und sicher umzusetzen. Die Gerichtsentscheidung stößt auch eine neue Bundesgesetzgebung zu dem Thema an.
Das Urteil bringt Ärzte in Konflikt mit ihrer (Muster-)Berufsordnung. Dort heißt es in Paragraf 16: „Der Arzt hat dem Sterbenden unter Wahrung seiner Würde und Achtung seines Willens beizustehen. Es ist ihm verboten, einen Patienten auf dessen Verlangen zu töten. Er darf keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“
Die Delegiertenversammlung fordert nun eine Regelung in der (Muster-) Berufsordnung, die in der Ärzteschaft konsentiert und möglichst breit verankert ist. Ärzte dürften keinem Strafbarkeitsrisiko ausgesetzt werden, hieß es aus Hamburg.
Besonders wichtig waren den Delegierten zudem Schutzbestimmungen für Suizidwillige. Dazu gehört, dass laut den Eckpunkten aus Hamburg die Aktivitäten zur Suizidprävention und zur Beratung Suizidwilliger verstärkt werden sollten, ebenso die Möglichkeiten der Inanspruchnahme der Palliativmedizin.
Bei einer Beratung zum Suizid müsse auf alternative Handlungsoptionen verwiesen werden. Dabei sollten auch konkrete Hilfsangebote sowie Behandlungsmöglichkeiten unterbreitet werden. Suizidwillige müssten ihren Willen frei und unbeeinflusst von einer psychischen Störung und ohne unzulässige Einflussnahme oder Druck bilden können.
Wichtig sei zudem, dass die Instanzen, die den Suizidwunsch bewerteten und denen, die diesen umsetzten, klar voneinander getrennt seien. „Wenn Ärzte an Entscheidungen über die Gewährung einer Suizidassistenz beteiligt sind, müssen bei der Einzelfallentscheidung jeweils mehr als ein Arzt beteiligt sein“, hieß es aus Hamburg.
Außerdem sei wichtig, dass der Prozess der Bewertung und der Umsetzung des Suizidwunsches transparent vollzogen und dokumentiert werde. „Im Nachgang muss eine retrospektive Bewertung / Überprüfung des Vorgangs stattfinden“, fordern die Delegierten. Sie betonen zudem, dass es eine Verpflichtung zum ärztlich assistierten Suizid nicht geben dürfe.
Der Vorstand der Ärztekammer Hamburg hatte die Meinungsbildung zu dem Thema auch in Hinblick auf den Deutschen Ärztetag angestoßen, der sich Anfang Mai mit dem Thema beschäftigen wird. „Ich freue mich, dass wir mit einem starken Votum ausgestattet sind, uns als Ärzteschaft an der gesellschaftlichen und politischen Debatte zu beteiligen. Ich halte das für einen Meilenstein“, sagte die Vizepräsidentin der Kammer, Birgit Wulff.
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