Ärztekammer Hessen warnt vor Instrumentalisierung von Ärzten bei Abschiebungen
Frankfurt – Die Landesärztekammer Hessen warnt vor Bestrebungen der Politik, Flüchtlinge voreilig abzuschieben. Hintergrund ist der jüngst vorgestellte 16-Punkte-Plan der Bundesregierung zur schnelleren Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern. Danach soll bei Abschiebungen auch weniger Rücksicht auf gesundheitliche Probleme der Flüchtlinge genommen werden. „Dies ist eine Verschärfung der bisherigen Situation, die nicht mit dem ärztlichen Ethos in Einklang zu bringen ist“, sagte der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach.
Der Kammerpräsident erinnerte daran, dass der Deutsche Ärztetag bereits 1996 erklärt habe, dass eine Abschiebung nicht zum erneuten Trauma werden dürfe. Drei Jahre später bekräftigte das Ärzteparlament, dass Abschiebehilfe durch Ärzte in Form von Flugbegleitung, zwangsweiser Verabreichung von Psychopharmaka oder Ausstellung einer „Reisefähigkeitsbescheinigung“ unter Missachtung fachärztlich festgestellter Abschiebehindernisse mit den ethischen Grundsätzen der Berufsordnung nicht vereinbar sei.
„Die Politik muss respektieren, dass Ärzte ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit ausüben“, betonte von Knoblauch zu Hatzbach. Der Kammerpräsident wandte sich aber auch an die Ärzte: „Ärzte dürfen keine Grundsätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können“, erinnerte er.
Bereits Anfang 2016 hatte die Bundesregierung im sogenannten Asylpaket II Abschiebungen erleichtert. Danach sollen nur noch „lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern werden“, eine Abschiebung des Betroffenen verhindern können.
In der vergangenen Woche haben sich Bund und Länder nun über einen zusätzlichen 16-Punkte-Plan verständigt, um die Abschiebungen zu erhöhen. Er sieht unter anderem Ausreisezentren vor, in denen sich Ausreisepflichtige aufhalten sollen. Ein neues „Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr“ soll zudem Sammelabschiebungen erleichtern.
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