Ärztetag will Stärkung der Gesundheitsbildung

Essen – Für die Entwicklung einer länderübergreifend abgestimmten Strategie, mit der die Förderung von Gesundheitskompetenz in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen nachhaltig verankert werden kann, plädierten heute die Delegierten des 127. Deutschen Ärztetages in Essen.
Man sehe mit Sorge auf die verbreiteten gesundheitlichen Probleme, die in der jungen Generation – etwa im Zusammenhang mit Bewegungsmangel, Übergewicht, Drogenkonsum und psychischen Störungen – bestehen, heißt es in einer mit überwältigender Mehrheit angenommenen Beschlussvorlage des Vorstands der Bundesärztekammer (BÄK).
Auf die nachgewiesenermaßen enge Verknüpfung von Bildung und Gesundheit verwies BÄK-Präsident Klaus Reinhardt. Studien zeigten: Je höher der Bildungsgrad, desto besser sei auch die Gesundheit. Deshalb komme dem Bildungs- und Erziehungssystem eine wichtige Rolle zu. Kitas und Schulen könnten dazu beitragen, Fehlentwicklungen in der Gesundheit der Bevölkerung entgegenzutreten, so Reinhardt.
Er plädierte deshalb für eine fächerübergreifende Vermittlung von Gesundheitskompetenz über verschiedene Klassenstufen hinweg. Dies beginne bei einer kostenfreien und vernünftigen Schulverpflegung und gehe bis zu Bewegungsangeboten in der Pause. Darüber hinaus brauche es auch konkrete Unterrichtsinhalte zur Gesundheitsbildung – sowohl in den Grundschulen als auch in den weiterführenden Schulen. Auch Wissen über Erste-Hilfe-Maßnahmen sollten fächerübergreifend gelehrt werden, forderte Reinhardt.
Im Beschluss heißt es, Kinder und Jugendliche würden Wissen und Kompetenzen benötigen, um gesundheitsförderlich und präventiv handeln zu können. Daher seien nachhaltige Konzepte und Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsbildung im Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter sowie zur Stärkung der Gesundheitskompetenz erforderlich.
Diesbezüglich waren sich die Delegierten in der Debatte einig. Johannes Grundmann, Präsident der Ärztekammer Bremen, betonte, man müsse den Begriff der Gesundheitskompetenz in der Praxis mit Leben füllen. Auch Susanne Johna, Mitglied im Vorstand der BÄK, mahnte an, die vorhandenen Erkenntnisse zu Aspekten wie Gesundheitswissen, Ernährung sowie Sport und Bewegung in Handlungskompetenzen umzusetzen.
Kultusministerkonferenz in der Verantwortung
Das Ärzteparlament fordert konkret, dass die Kultusministerkonferenz (KMK) sich dafür einsetzt, dass die Entwicklung eines nachhaltigen Gesamtkonzepts – im Sinne des unter aktiver Beteiligung mehrerer Ärztekammern erstellten Leitfadens „Die gesundheitskompetente Schule“ – auf den Weg gebracht wird.
Ein solches Konzept solle neben Fortbildungen für Schulleitungen, Lehrer und weiteres Schulpersonal auch die Entwicklung von Mustercurricula sowie die Entwicklung und Bereitstellung fächerübergreifender Lehr- und Unterrichtsmaterialien umfassen.
Lerninhalte zu Themen wie Ernährung, Bewegung, Sexualität, psychische Gesundheit, Verhalten im Notfall, aber auch zur angemessenen Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen müssten als verbindlicher Bestandteil in den (Rahmen-)Lehrplänen verankert werden. Bei der Erarbeitung der entsprechenden Lehr- und Lerninhalte und der erforderlichen Schulungsmaßnahmen für die Lehrkräfte sei die Expertise der Ärzteschaft einzubinden.
Auch die Rahmenbedingungen in den Schulen thematisierte der Ärztetag. Dort solle eine gesunde und möglichst nachhaltige Verpflegung gemäß der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) angeboten werden. Parallel zur Förderung von Bewegungsangeboten im schulischen Bereich müsse zudem eine zügige Umsetzung des Bundesprogramms „ReStart – Sport bewegt Deutschland“ erfolgen.
In weiteren Beschlüssen forderte der 127. Deutsche Ärztetag den Gesetzgeber auf, ein Werbeverbot für gesundheitsschädliche Nahrungs- und Genussmittel überall dort einzuführen, wo Kinder medial adressiert werden sowie Maßnahmen umzusetzen, um die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen bereits in der frühen Kindheit aufzubauen und einen gesunden Umgang damit zu entwickeln. Zudem sollten Krankenkassen Ernährungsberatung und entsprechende Bildungsangebote niederschwellig anbieten.
Die Delegierten erneuerten außerdem die Forderung des 125. Deutschen Ärztetages 2021 nach einer Einführung von mindestens zwei Schulstunden jährlich in Wiederbelebung – beginnend ab Jahrgangsstufe 7, fortgesetzt bis zum Ende der Schulzeit. Während einige Bundesländer begonnen hätten, diese und ähnliche Forderungen umzusetzen, seien in anderen Bundesländern noch keine entsprechenden Schritte unternommen worden.
Ebenso appellierte der Ärztetag an die Bundesregierung, ihren im Koalitionsvertrag verankerten Präventionsplan mit konkreten Maßnahmenpaketen „zügig“ umzusetzen.
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