Ärzteschaft

Ärzteverband fordert politischen Druck auf Türkei

  • Donnerstag, 20. Juli 2017

Berlin – Anlässlich der jüngsten Verhaftung von Menschenrechtlern in der Türkei haben die „Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW) die Bundesregierung aufgefordert, sich für alle aus politischen Gründen Verfolgten, Vertriebenen und Inhaftierten einzusetzen, unter anderem für Ärzte und Journalisten. „Ärzte stehen vor Gericht, weil sie, ihrer ethischen Verpflichtung gehorchend, Patienten ohne Ansehen der Person behandelt und die Schweigepflicht eingehalten haben“, schreibt der Verband.

Zehntausende Lehrer, Akademiker, Richter, Staatsanwälte und Angestellte des öffent­lichen Dienstes seien zudem aus politischen Gründen entlassen worden. „Nahezu alle regierungskritischen Zeitungen und Fernsehsender wurden geschlossen. Zahlreiche Vereine und zivile Gruppen, die sich für die Belange der Bevölkerung und soziale Unterstützung einsetzen, wurden verboten“, kritisiert IPPNW. Folter bei Festnahmen und in Polizeigewahrsam sei an der Tagesordnung, die Täter blieben straffrei. Die Ärzteorganisation hat daher in Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) appelliert, die türkische Regierung an ihre Ver­pflich­tung zu erinnern, Folter zu unterbinden und die Folterer zu bestrafen.

Gabriel kündigte heute als Reaktion auf die Verhaftung des deutschen Menschen­rechtlers Peter Steudtner und anderer eine härtere Gangart gegenüber der Türkei an. Das Auswärtige Amt verschärfte seine Reisehinweise für das Land deutlich. Das Außenamt rät Türkeireisenden nun zu „erhöhter Vorsicht“. Diese sollten sich künftig bei der Botschaft oder Konsulaten registrieren lassen. Die Maßnahme soll das Urlaubsland Türkei wirtschaftlich unter Druck setzen.

Die Bundesregierung kündigte darüber hinaus an, mit den EU-Partnern über die Vor-Beitrittshilfen für die Türkei zu reden. Dabei geht es um rund 4,5 Milliarden Euro. Zudem will Gabriel die staatliche Absicherung von Türkei-Geschäften der deutschen Wirtschaft auf den Prüfstand stellen. „Man kann niemandem zu Investitionen in ein Land raten, wenn es dort keine Rechts­sicherheit mehr gibt und sogar Unternehmen, völlig unbescholtene Unternehmen, in die Nähe von Terroristen gerückt werden“, sagte Gabriel.

Es habe bereits Beispiele von Enteignungen gegeben. Er sehe deshalb nicht, „wie wir als Bundesregierung weiter deutsche Unternehmensinvestitionen in der Türkei garantieren können, wenn – wie geschehen – willkürliche Enteignungen aus politischen Motiven nicht nur drohen, sondern wie gesagt schon erfolgt sind“, so der Minister.

Deutschland ist nach Angaben der Gesellschaft der Bundesrepublik für Außenwirt­schaft und Standortmarketing wichtigster Abnehmer türkischer Produkte und nach China zweitgrößter Lieferant der Türkei. Laut Gabriel sind seit dem gescheiterten Putschversuch vor einem Jahr 22 Deutsche festgenommen worden, neun von ihnen seien immer noch im Gefängnis. Die Vorwürfe gegen Steudtner nannte der Außenminister „abwegig und an den Haaren herbei­gezogen“.

hil

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