AfD-Vergleich: Landeskrankenhausgesellschaften empören sich über Lauterbach

Berlin – Die 16 Landeskrankenhausgesellschaften haben sich per offenem Brief über Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beschwert. Sie weisen darin deutlich Lauterbachs Vorwurf der „Hetze“ und eine Gleichsetzung der deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mit der Argumentation der Partei AfD zurück.
Hintergrund ist ein Beitrag auf der Plattform X (früher Twitter), in dem Lauterbach am vergangenen Donnerstag Fotos von einer noch unveröffentlichten Plakatkampagne der DKG gepostet hatte. Auf den Plakaten ist unter anderem ein schreiendes neugeborenes Baby mit der Aufschrift zu sehen: „Wenn Lauterbach so weitermacht, gibt’s hier bald keinen Nachwuchs mehr“. Und: „Immer mehr Geburtsstationen müssen aus wirtschaftlichen Gründen schließen.“ Krankenhäuser sollen ihr Logo auf den Plakaten ergänzen können.
Dazu schrieb Lauterbach auf X: „Mit dieser persönlichen unseriösen Hetzkampagne will der KrankenhausCheflobbyist @DKGev bald die Patienten verunsichern. Damit argumentiert man nicht differenzierter als die AfD. Wir arbeiten Tag und Nacht um mit einer großen Reform das Krankenhaussterben abzuwenden“.
In den sozialen Medien entbrannte daraufhin über das Wochenende eine Diskussion. In dem Brief nannten die Krankenhausgesellschaften den Post von Lauterbach nun eine „Entgleisung“ und „Tiefpunkt in Ihrer andauernden Diffamierung der DKG“.
„Ihr Versuch, durch die Gleichsetzung der Argumentation der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit der einer in Teilen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei Ihren inhaltlichen Kritiker bei der Krankenhausreform mundtot zu machen und zu diskreditieren, ist ein Schaden für das demokratische Miteinander in Deutschland“, schreiben sie weiter.
Die Krankenhausgesellschaften fordern Lauterbach deshalb auf, sich von seinem Vorwurf zu distanzieren und in den konstruktiven Dialog zu treten. Denn einen solchen habe Lauterbach mit den Krankenhausverbänden bislang verweigert.
„Anstelle eines konstruktiven Dialogs haben Sie von Anfang an darauf gezielt, Ihre Reform gegen die Gemeinschaft der Krankenhausträger durchzusetzen“, kritisieren die Verbände. Sie werfen ihm weiter vor, dass die von Lauterbach geführte Qualitätsdebatte darauf abziele, die Krankenhauslandschaft in gute und schlechte Krankenhäuser zu spalten und die Bevölkerung zu verunsichern.
Lauterbach kritisiere zudem, dass die Plakate auf den kalten Strukturwandel in der Kliniklandschaft hinweisen würden. Auf die harten Kostensenkungsmaßnahmen der Krankenhausträger und entsprechende Beeinträchtigungen der Patientenversorgung hinzuweisen, sei aber „notwendiger Ausdruck unserer tiefen Sorge um die Patientenversorgung“ und „keine Hetze“, argumentieren die Landeskrankenhausgesellschaften.
Allerdings räumen die 16 Verbände auch ein, dass die wirtschaftliche Notlage der Kliniken nicht allein auf die Politik Lauterbachs zurückzuführen sei. Die Länder hätten über Jahrzehnte hinweg ihre Investitionsverpflichtungen sträflich vernachlässigt, heißt es. Trotzdem ziehen sie Lauterbach zur Verantwortung hinsichtlich der „deutlichen Verschärfung der wirtschaftlichen Misere“ seit seinem Amtsantritt.
So bräuchte es eine zügige Anpassung der Landesbasisfallwerte, um die gestiegenen Kosten der Kliniken auszugleichen, schreiben die Krankenhausgesellschaften. Dabei weisen sie auch auf das Versprechen im Koalitionsvertrag der Ampelregierung hin, dass die Regierung höhere Beiträge für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln finanzieren wolle. Dieses Versprechen hat die Ampelregierung bislang noch nicht eingelöst.
Eine Anpassung der Landesbasisfallwerte hatte Lauterbach den Bundesländern hingegen per Protokollerklärung im Vorfeld des Vermittlungsausschusses zum Krankenhaustransparenzgesetz versprochen. Diese Änderung solle im Zuge der Krankenhausreform umgesetzt werden.
Der Brief wurde von allen 16 Landeskrankenhausgesellschaften unterzeichnet. Die Unterschrift des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, hingegen fehlt.
Übermorgen will die DKG über die Folgen der „Politik des kalten Strukturwandels“ im Rahmen einer Pressekonferenz aufklären. In einer Allianz mit verschiedenen Ärzte- und Pflegevertretern wolle die DKG über die bedrohte Patientenversorgung berichten, hieß es in der Einladung.
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