Politik

Aktion Psychische Kranke: Schwer psychisch kranke Menschen im Blick behalten

  • Mittwoch, 7. September 2022
/Stanislaw Mikulski, stock.adobe.com
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Berlin – „Wir erleben gerade eine Pandemie seelischer Belastungen – die Klimakrise, der Ukrainekrieg und die Coronapandemie, die noch nicht vorbei bist. Diese Bedrohungssituationen reichen bis tief in die Mittelschicht hinein und verursachen seelischen Druck, den wir in einem noch mehr zunehmenden Hilfebedarf sehen wer­den.“

Mit diesem Statement wandte sich Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), Vorsitzende der Aktion Psychische Kranke (APK) und Berichterstatterin ihrer Fraktion für seelische Gesundheit, heute an das Publikum der APK-Jahresta­gung in Berlin. Die APK feierte mit der Jahrestagung ihren 50. Geburtstag.

Die Vereinigung zur Reform der Versorgung psychisch Kranker ist ein gemeinnütziger Verein, der durch das Bundesministerium für Gesundheit institutionell gefördert wird. Sie wurde 1971 von Abgeordneten aller Frak­tionen des Bundestags und engagierten Psychiatrieexperten gegründet. Die APK versteht sich als Lobby für schwer psychisch kranke Menschen.

Die aktuellen Krisen lösten nicht nur individuellen seelischen Druck aus, sondern auch gesellschaftlichen Druck, führte Kappert-Gonther weiter aus. „Schwer psychisch Kranke drohen dabei aus dem Fokus zu geraten“, sagte die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. „Helferinnen und Helfer sind auch von den Krisen beeinflusst und müssen zu Kräften kommen können.“

In der Gesundheitspolitik müsse es deshalb zu einem Paradigmenwechsel kommen, indem man Prävention und Gesundheitsförderung in den Mittelpunkt stelle. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung finde sich daher unter anderem der Satz: „Wir wollen die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz verbessern.“ „Dieser Satz heißt anzuerkennen, dass die Arbeitsbedingungen direkte Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben“, erklärte Kappert-Gonther.

Darüber hinaus wolle die Bundesregierung eine Entstigmatisierungskampagne in Bezug auf psychische Er­krankungen starten, auch das bereits im Koalitionsvertrag festgelegt. „Dabei müssen wir uns mehr überlegen als Motive auf großen Plakatwänden – wir müssen in die Lebenswelten gehen“, forderte die Grünenpolitikerin.

Im Koalitionsvertrag sei auch festgelegt, dass Gesundheitsversorgung niederschwellig und gendersensibel sein soll. „Ein niederschwelliger Ansatz könnte zum Beispiel eine Telefonnummer bei psychischen Krisen sein – die wenigsten Menschen wissen, an wen sie sich in solchen Situationen wenden können“, betonte Kappert-Gonther. Darüber hinaus brauche es Krisendienste, die rund um die Uhr verfügbar seien.

Und auch bei der Reform der Notfallversorgung müssten Menschen in psychischen Krisen mitgedacht werden. Sie machten etwa ein Fünftel der Patienten in den Notfallambulanzen aus. Deshalb sollten Notfallambulan­zen noch viel mehr mit dem psychiatrischen Hilfesystem verschränkt werden, forderte die APK-Vorsitzende.

PB

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