Ärzteschaft

Aktualisierte Leitlinie zu Diabetes und Straßenverkehr: „Diabetiker sind grundsätzlich fahrtauglich“

  • Montag, 8. Dezember 2025
Diabetes Blutzucker Autofahrer
/EdNurg, stock.adobe.com

Berlin – Neue Medikamente und moderne Technik haben in den vergangenen Jahren die Sicherheit von Menschen mit Diabetes im Straßenverkehr deutlich erhöht. Das war das Fazit bei der Vorstellung der neuen Version der S2e-Leitlinie Diabetes und Straßenverkehr durch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG).

Die Leitlinie richtet sich an Betroffene mit Diabetes, an medizinisches Fachpersonal, Behörden und Gutachter. Eine eigene Patientenleitlinie soll im Laufe des kommenden Jahres erscheinen.

Seit der ersten Version der Leitlinie aus dem Jahr 2017 habe es starke Verbesserungen gegeben, sagte Friedrich Petry, Leitlinien-Mitautor und hausärztlicher Diabetologe in Wetzlar, bei einer Pressekonferenz. Das Risiko einer Unterzuckerung im Straßenverkehr sei deutlich gesunken.

Das liege unter anderem daran, dass mittlerweile viele Menschen mit Typ-2-Diabetes entsprechend den geltenden Leitlinien Medikamente bekämen, die kaum noch Unterzuckerung auslösten. Außerdem habe es Fortschritte in der Technik gegeben, so nutzten immer mehr insulinpflichtige Menschen Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) und Geräte zur automatischen Insulindosierung (AID).

Dadurch würde Autofahren sicherer, sagte Petry. „Unterzuckerungen treten nicht mehr unkontrolliert auf.“ Zu diesen medizinischen Verbesserungen kommen Programme, die speziell Diabetespatientinnen und -patienten zu Risiken im Straßenverkehr schulen. Sie hätten ein leicht erhöhtes Unfallrisiko, sagte Petry. In der Gesellschaft werde das allerdings „stark überschätzt“.

In der Leitlinie wird eine narrative Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2012 zitiert, der zufolge das Unfallrisiko um zwölf bis 19 Prozent erhöht ist. „Diabetiker sind grundsätzlich fahrtauglich“, sagte Petry. Das gelte sowohl für Pkw und Motorräder als auch für Lkw und Busse. Auch eine Personenförderung sei möglich.

Die aktualisierte Leitlinie empfiehlt, dass Menschen mit Diabetes, die ein Hypoglykämierisiko aufgrund ihrer Therapie haben, sicherstellen, dass sie vor Fahrtantritt einen für sie ausreichend hohen Glukosewert (Empfehlung in den meisten Fällen ≥ 90 mg/dl [5 mmol/l]) aufweisen. Liegt der Wert unter 90 mg/dl, soll vor dem Losfahren durch Essen oder Trinken schnell resorbierbarer Kohlenhydrate sichergestellt werden, dass der Glukosespiegel wieder über diesem Schwellenwert liegt.

Bei Menschen, die CGM-Geräte benutzen, sollen die Alarmgrenzen hoch genug eingestellt sein, um rechtzeitig vor einer Hypoglykämie gewarnt zu werden. Behandler sollen ihre Patienten auf besondere Risiken im Straßenverkehr hinweisen. Das Thema soll zudem im Rahmen moderner Schulungsprogramme eingehend behandelt werden.

Wolfgang Wagner, Koordinator der Leitlinie und Vorsitzender des Ausschusses Soziales der DDG, bemängelte, dass viele Vorschriften, die Menschen mit Diabetes vom Zugang zu bestimmten Tätigkeiten ausschließen, auf überholten Einschätzungen basieren. Fortschritte in Therapie und Technik würden bislang kaum berücksichtigt.

Jens Wicklein, Zollbeamter und Feuerwehrmann mit Typ-1-Diabetes, gab einen Einblick in sein Leben mit der Krankheit. „Wir müssen täglich unsere Werte prüfen, Insulin anpassen, Arzttermine wahrnehmen, Ernährung und Bewegung im Blick behalten.“

Das sei ein Aufwand, den viele Nicht-Diabetikerinnen und -diabetiker kaum nachvollziehen könnten. Aber genau dieser erhöhte Aufwand mache Diabetiker genauso leistungsfähig. „Mit Wissen, Disziplin und moderner Medizin können Menschen mit Diabetes alles erreichen. In jedem Beruf, in jeder Lebenssituation.“

fri

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