Medizin

Akutes Nierenversagen: Frühe Dialyse könnte mehr Leben retten

  • Freitag, 27. Mai 2016
Uploaded: 22.07.2013 18:54:42 by mis
dpa

Münster – Da sich ein akutes Nierenversagen von selbst zurückbilden kann, zögern viele Intensivmediziner den Beginn der Nierenersatztherapie hinaus. Eine randomisierte klinische Studie im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2016; 315: 2190-2199) zeigt jedoch, dass ein frühzeitiger Beginn die Überlebenschancen der Patienten deutlich verbessern könnte.

Das akute Nierenversagen ist eine häufige Komplikation bei kritisch kranken Patienten. Der schnelle Verlust der Nierenfunktion bleibt auf Intensivstationen nicht lange unbemerkt. Mit der Dialyse steht eine effektive Ersatztherapie zur Verfügung, die eine Hypervolämie verhindert, Toxine eliminiert und den Säure-Basen-Haushalt stabilisiert. Viele Intensivmediziner sind jedoch zurückhaltend, da viele Patienten sich auch ohne Behandlung erholen. Wenn das Nierenversagen jedoch längere Zeit anhält, verschlechtert sich die Prognose des Patienten deutlich. 

Die randomisierte ELAIN-Studie der Universität Münster hat untersucht, ob ein frühzei­tiger Beginn der Nierenersatztherapie die Überlebenschancen der Patienten verbessern kann. An der Studie nahmen 231 schwer kranke Patienten teil, bei denen es zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion gekommen war. Eine Hälfte der Patienten wurde innerhalb von acht Stunden nach Erreichen des AKIN-Stadiums 2 (Verdopplung des Kreatinins) dialysiert. In der anderen Gruppe warteten die Ärzte, bis es zum AKIN-Sta­dium 3 (Verdreifachung des Kreatinins) gekommen war oder eine absolute Indikation zur Dialyse bestand.

Die jetzt von Alexander Barbock, Leiter der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, und Mitarbeitern vorgestellten Ergebnisse sprechen klar für einen frühzeitigen Dialysebeginn: Die Mortalität nach 90 Tagen wurde von 54,7 auf 39,3 Prozent gesenkt. Bei einer Hazard Ratio von 0,66 und einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,45 bis 0,97 war dies ein statistisch signifikanter Unterschied, der bei einer absoluten Risikoreduktion um 15,4 Prozent klinisch höchst relevant war.

Der frühe Beginn der Dialyse war auch mit einer Verkürzung der Dialysetherapie von median 25 auf 9 Tage, der mechanischen Beatmung von median 181 auf 125,5 Stunden und des Krankenhausaufenthaltes von median 82 auf 51 Tage verbunden. Auch wenn die Liegezeit auf der Intensivstation und die Zahl der Patienten, die nach 90 Tagen noch dialysiert werden mussten, nicht gesenkt werden konnte, sprechen die Ergebnisse für den frühzeitigen Beginn der Nierenersatztherapie.

Dennoch bleiben Barbock und Mitarbeiter in der Bewertung zurückhaltend. An einzelnen Zentren durchgeführte Studien würden häufig die Wirksamkeit einer Behandlung überschätzen, schreiben sie. Außerdem sei die Zusammensetzung der Patienten-Gruppe mit überwiegend chirurgischen Patienten nicht unbedingt repräsentativ für andere Kliniken. Barbock regt deshalb die Durchführung einer multizentrischen Studie mit einer größeren Teilnehmerzahl an.

rme

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