Allgemeinmediziner kritisieren Engpässe wegen neuer Abnehmmedikamente

Berlin – Ein „klassisches Beispiel für Über- und Unterversorgung in der Medizin“. Das sieht die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) im Augenblick bei der Versorgung von Diabetikern sowie bei Menschen mit Übergewicht. Hintergrund ist der Boom von Medikamenten zur Gewichtsreduktion.
Zur empfohlenen Behandlung eines Typ-2-Diabetes gehören – zusätzlich zum Standardmittel Metformin – auch die Inkretinmimetika. Inzwischen gibt es für eine Reihe dieser Substanzen eine doppelte Zulassung: Sie können damit sowohl bei Diabetes als auch zur Gewichtsreduktion verordnet werden.
„Die Substanzen, die wir für die Diabetesmedikation brauchen, versickern nun in Medikamenten, die rein zum Abnehmen hergestellt werden – und entsprechend aggressiv beworben werden“, sagte DEGAM-Präsident Martin Scherer.
Da die Menge an Wirkstoff, die zur Verfügung stehe, begrenzt sei, entstünden Engpässe – zumal die Arzneimittel zur Gewichtsabnahme ein Leben lang eingenommen werden müssten, um den Effekt zu halten, so Scherer. Diese Situation werde sich durch die steigende Nachfrage nach Abnehm-Pillen weiter zuspitzen, warnt die DEGAM.
Die Fachgesellschaft sieht aber noch ein weiteres Problem: Im Augenblick steige die Nachfrage auch bei Menschen, die nicht sehr oder gar nicht adipös seien. „Es darf keine Normalität werden, dass Patienten, die vielleicht gar nicht stark übergewichtig sind, unter Druck geraten, die Medikamente zu nehmen, um einem gesellschaftlichen Idealbild um jeden Preis zu entsprechen“, so Scherer.
Die DEGAM weist darauf hin, dass für Diabetiker, bei denen Metformin als Basis-Medikation nicht ausreicht oder nicht vertragen wird, mit dem Medikament Glibenclamid eine Therapiealternative zu Inkretinmimetika zur Verfügung steht.
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