Altersmediziner veröffentlichen erste globale Sturzleitlinie

Köln/London – 96 Wissenschaftler aus 39 Ländern haben heute im Rahmen des Kongresses der European Geriatric Medicine Society (EuGMS) in London die erste globale Leitlinie zur Sturzprävention veröffentlicht. Dafür haben die Experten nun neue Empfehlungen aufgestellt, die sämtliche soziodemografischen Unterschiede der Weltbevölkerung berücksichtigen.
„Uns ist es nach zwei Jahren Arbeit erstmals gelungen, einen globalen Konsens zu schaffen für die Prävention, Diagnostik und Therapie von Stürzen“, sagte der Altersmediziner Clemens Becker, Sturz-Experte der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), der ebenfalls an der Sturzleitlinie mitgewirkt hat.
Ihm zufolge gebe es jährlich in Deutschland eine halbe Million Krankenhauseinweisungen, die unmittelbar auf einen Sturz zurückzuführen sind. „Durch eine frühzeitige Prävention – also gezielter Vorsorge – könnten wir die Zahl der Einweisungen um 20 Prozent reduzieren“, so Becker.
Doch die bisher gültigen Präventions- und Behandlungsrichtlinien seien uneinheitlich. Mit den jetzt veröffentlichen „World Falls Guidelines“ gebe es eine Reihe von evidenz- und konsensbasierten Empfehlungen zur Sturzprävention und -behandlung für ältere Erwachsene, die vorhandene Lücken in früheren Leitlinien schlössen und vor allem den medizinischen Fachkräften neue Möglichkeiten böten.
Dabei berücksichtigen die neuen Empfehlungen einen personenzentrierten Ansatz, der die Perspektiven älterer Erwachsener einschließt – auch in Bezug auf Betreuer und andere Interessensgruppen. Zudem werden jüngste Entwicklungen im Bereich der elektronischen Gesundheitsdienste mit einbezogen und Standorten mit begrenztem Zugang zu Ressourcen – dazu zählen Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen – implementiert.
„Damit ist uns methodisch eine Rundumbeleuchtung der Sturzprävention und -behandlung gelungen, die sämtliche Bevölkerungsschichten auf dem Globus einbezieht“, so Becker. Das sei wichtig, da Stürze bei älteren Menschen vor allem in einkommensschwachen Kreisen vorkämen.
Der Altersmediziner plädiert dafür, dass nach dem Vorbild der geriatrischen Rehabilitation nun verstärkt in geriatrische Institutsambulanzen als Anlaufstelle für ältere Patienten investiert werden sollte. „Es wird höchste Zeit, das in Deutschland voranzubringen. Diese Ambulanzen müssen entsprechend finanziert und ausgestattet werden, um mit präzisen Präventions- und Behandlungsprogrammen den Menschen zu helfen. Dafür brauchen wir jetzt einen nationalen Aktionsplan“, forderte Becker.
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