Ambulante Komplexversorgung noch nicht in der Versorgung angekommen
Bonn – Die seit Oktober mögliche ambulante Komplexversorgung für Erwachsene mit schweren psychischen Erkrankungen ist offenbar noch nicht in der Praxis angekommen. Das schließt das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW) aus einer Umfrage, an der 140 psychotherapeutisch Tätige teilgenommen haben.
Danach hat die überwiegende Mehrheit der Befragten von dem neuen Angebot gehört (84,3 Prozent). Allerdings gaben zwei Drittel (67,8 Prozent) an, dass sie nicht hinreichend über das Programm informiert wurden. Dies wird gestützt durch die Aussage, dass nur jeder Zehnte weiß, welchem lokalen Netzverbund er sich anschließen kann.
Im Allgemeinen findet die Mehrheit (47,9 Prozent) den regionalen Zusammenschluss von multiprofessionellen Teams aber „eher sinnhaft“ oder „sehr sinnhaft“. Dennoch ist die Beteiligung an den neuen Netzverbünden laut dem Verband ernüchternd: Nur ein Bruchteil (3,6 Prozent) engagiert sich aktiv darin.
Das wichtigste Hindernis dafür, sich lokal zusammenzuschließen, um psychisch Schwerkranken zu helfen, sind laut der Umfrage fehlende Kapazitäten. Zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) bekunden, dass sie keine Zeit für die Arbeit in regionalen Teams haben.
Zudem seien die finanziellen Anreize zu der Teamarbeit gering. Die Hälfte der befragten Personen (50,7 Prozent) bewertet die Vergütung für die Teilnahme an einem lokalen Netzverbund als „viel zu niedrig“ und 15,7 Prozent als „etwas zu niedrig“.
„Die Idee, schwer psychisch kranken Menschen in Teamarbeit zu helfen, ist großartig und wir begrüßen das sehr. Die Idee ist gut gedacht, aber schlecht gemacht. Die Umsetzung ist nicht praktikabel und bietet wenig Anreize zur Teilnahme“, sagte der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler.
Der Verband empfiehlt, regionale psychosoziale Versorgungszentren aufzubauen, bei dem festangestellte Mitarbeiter die Komplexversorgung aber auch die Bündelung und Vermittlung freier Therapieplätze vornehmen. „Das wäre ein echter Anreiz für viele, sich daran zu beteiligen, ohne selbst großen Zeitaufwand in die Organisation investieren zu müssen“, so Adler.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: