Politik

Ampel schiebt Bonus für Pflegekräfte auf

  • Dienstag, 7. Dezember 2021
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Berlin – Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP will den neuen Bonus für Pflegekräfte nach den Worten der gesundheitspo­litischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Maria Klein-Schmeink, erst im kommenden Jahr angehen.

„Wir wollten jetzt nichts übers Knie brechen und lassen uns lieber etwas mehr Zeit“, sagte sie dem Fern­sehsender ntv. „Zumal wir sicherstellen wollen, die richtigen Beschäftigten mit dem Bonus zu erreichen.“

Deshalb schiebe die Koalition das Vorhaben in den Beginn des neuen Jahres. Die Umsetzung der Prämie werde eine der ersten Amtshandlungen des neuen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) sein.

„Wir haben die Prämie aus dem aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht herausgenommen, weil wir die Sorge hatten, in der kurzen Zeit keine gute und belastbare Gesetzesgrundlage zur Auszahlung des Bonus erarbeiten zu können“, begründete Klein-Schmeink das Vorgehen.

Unklar sei insbesondere, wie der Kreis der Begünstigten „treffsicher“ ermittelt werden könne. „Nicht ein­mal das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus konnte uns dazu belastbare Angaben machen.“

Mit Frust bei den Pflegekräften wegen des Aufschubs rechnet Klein-Schmeink nach eigenen Worten nicht. „Ich glaube, mehr Enttäuschung erzielen wir, wenn wir den Bonus nicht zielgenau auszahlen und nicht diejenigen erreichen, die ihn auf alle Fälle bekommen sollten." Dabei verwies sie auf die Debatte um den ersten Pflegebonus im vergangenen Jahr. Damals habe die Diskussion darüber, wer das Geld er­halten soll, viel Schaden angerichtet.

Hintergrund der Entscheidung sind Erfahrungen der scheidenden Bundesregierung. Als der bisherige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu Beginn der Coronapandemie einen Bonus für Pflege­kräfte ankündigte, war der Jubel erst groß, bevor Ernüchterung und Enttäuschung eintraten. Denn rasch brach Streit darüber aus, wer die Prämie erhalten und wer das Geld dafür aufbringen soll, der Staat oder die Krankenhäuser und Heime.

Bisher war vorgesehen, dass die Impfpflicht für Pflegekräfte mit der Sonderzahlung in einem Gesetz ver­knüpft werden sollte, das heute erstmals im Bundestag behandelt werden soll. SPD, Grüne und FDP entschlossen sich aber, beide Vorhaben zu entkoppeln – vor allem auch, um neuen Zoff zu vermeiden.

Laut Koalitionsvertrag wollen SPD, Grüne und FDP eine Milliarde Euro an Pflegekräfte auf Intensivstatio­nen und in Seniorenheimen als Anerkennung für „herausragende Leistung“ zahlen. Es heißt: „Dazu wer­den wir die Steuerfreiheit des Pflegebonus auf 3.000 Euro anheben.“ Der erste Gesetzentwurf war vom Gesundheitsministerium unter Führung Spahns erarbeitet worden.

Darin waren zahlreiche Details offen geblieben. Außerdem hätte der Bundesrat wahrscheinlich zustim­men müssen, da eine Zusage zur Steuerfreiheit die Länder betrifft, die dadurch Geld aus der Einkom­menss­teuer verlieren. Zudem war die Beteiligung der Arbeitgeber bei den Lohnnebenkosten nicht ein­deutig geregelt.

Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), zeigte sich von der erneuten Prämie wenig begeistert und hält diese grundsätzlich für den falschen Weg. „Prämien sind keine Lösung für den Beruf der Pflegen­den“, sagte sie dem Deutschen Ärzteblatt auf Nachfrage. Erforderlich seien vielmehr höhere Tarifgehälter. Als akzeptables Einkommen habe der Pflegerat schon mehrfach 4.000 Euro aufgerufen, be­tonte sie.

Ihr sei aber auch bewusst, dass die Politik keinen unmittelbaren Einfluss auf die Tarifverträge habe. Wenn man nun erneut den Weg über eine Prämienzahlung gehen wolle, sei es ein „nachvollziehbarer Weg“, zu­nächst über alle Details nachzudenken. Eine Verzögerung um ein oder zwei Monate hält Vogler für hin­nehmbar, wenn dann am Ende auch alle Berufsgruppen wie Pflegekräfte in Pflegeheimen oder der am­bulanten Versorgung einbezogen seien und eine gerechte Verteilung gesichert sei.

„Bei der letzten Pflegeprämie hat es einen derartigen Unfrieden bei den Pflegekräften gegeben“, sagte Vogler. Der Grund sei die schlechte Vorbereitung durch die Politik gewesen. So hätten die Krankenhäuser selbst festlegen müssen, wer wann wieviel Bonus erhalte. Das sei zum Teil „unsäglich“ gewesen, so die DPR-Chefin. Das dürfe sich auf keinen Fall wiederholen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wirft der neuen Ampelkoalition einen klassischen Fehlstart im Bereich der Pflege vor. Während eine Impfpflicht für Pflegekräfte beschlossen werde, werde gleichzeitig der finanzielle Bonus für Pflegekräfte auf kommendes Jahr verschoben, sagte Vorstand Eugen Brysch.

Zudem solle die Testpflicht in den Einrichtungen auf zweimaliges Testen pro Woche heruntergefahren werden. „Die Ampelkoalition hat offenbar aus den Fehlern der Vorgängerregierung nichts gelernt“, sagte Brysch. „Stärker kann man die Pflegekräfte nicht frustrieren.“

kna/dpa/afp/may

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