Ampelkoalition will Umsatzschwelle für Orphan Drugs weniger stark absenken

Berlin – Die Umsatzschwelle für eine frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln zur Behandlung einer seltenen Erkrankung (Orphan Drug) soll weniger stark abgesenkt werden als zuvor geplant. Das geht aus einem Änderungsantrag zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hervor, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Neue verschreibungspflichtige Arzneimittel sind in Deutschland grundsätzlich unmittelbar nach der Zulassung für alle Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verfügbar. Die Industrie kann den Erstattungsbetrag für neue patentgeschützte Arzneimittel bei Markteintritt für zwölf Monate frei bestimmen.
Seit Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) im Jahr 2011 müssen die Hersteller im Rahmen einer frühen Nutzenbewertung für neue Präparate nachweisen, dass ihr Medikament einen Zusatznutzen im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie aufweist. Die Bewertung bildet dann die Grundlage für die Verhandlungen zwischen Pharmahersteller und GKV-Spitzenverband über den Erstattungsbetrag.
Diese Regelung gilt bisher allerdings nicht für Orphan Drugs, solange sie eine Umsatzschwelle von 50 Millionen Euro pro Jahr noch nicht überschritten haben. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP wollte diese eigentlich auf 20 Millionen Euro absenken. Nun wird die Grenze doch weniger weit abgesenkt – nun sind 30 Millionen Euro vorgesehen.
Hintergrund sind die steigenden Kosten durch neue Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen. Diese haben im Jahr 2020 durchschnittliche Kosten von 540.000 Euro pro Jahr und Patient verursacht, wie der AMNOG-Report 2022 der DAK-Gesundheit kürzlich zeigte.
2011, im ersten Jahr des AMNOG, seien es noch 97.000 Euro pro Jahr und Patient gewesen, so der Report. Die Kosten für Orphan Drugs haben sich seit 2011 damit verfünffacht. Insgesamt waren 28 Prozent aller seit 2011 neu zugelassenen Arzneimittel Orphan Drugs, mit weiter steigender Tendenz. Davon entfiel fast die Hälfte (41 Prozent) auf den Bereich der Onkologie.
Die Koalition plant auch, die Neuregelungen zu evaluieren. Bewertet werden solle „insbesondere die Auswirkungen der Reduzierung der Umsatzschwelle für Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens für die Nutzenbewertung auf 30 Millionen Euro“, heißt es in einem weiteren Antrag von SPD, Grünen und FDP für das Kassengesetz.
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