Ärzteschaft

Anästhesisten zweifeln an Rechtssicherheit für Poolärzte

  • Freitag, 19. Juli 2024
/bugarskipavle3, stock.adobe.com
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Berlin – Bundesregierung und Selbstverwaltung hatten kürzlich eine Übereinkunft erzielt, wann freiberuflich tätige Ärzte im vertragsärztlichen Notdienst als selbstständig anzusehen sind. Der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) warnt jetzt vor Unsicherheiten bei der Gerichts­festig­keit.

BDA-Präsidentin Grietje Beck begrüßte zwar den der Kompromiss, sieht aber noch Optimierungspotenziale. Sie mahnt an, den BDA-Vorschlag einer gesetzlichen Verankerung im Sozialgesetzbuch VI erneut zu prüfen. Das könne langfristige Rechtssicherheit gewährleisten und unnötige Hürden für Kooperationen im Gesund­heits­wesen vermeiden.

Die Bundesministerien für Gesundheit und Arbeit, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassen­ärztlichen Vereinigungen (KVen) hatten sich auf drei Voraussetzungen für die künftige Ausgestaltung des vertragsärztlichen Notdienstes verständigt.

In einem Papier heißt es, diese Punkte sollten es in Zukunft ermöglichen, den vertragsärztlichen Notdienst unter Einbindung von Poolärzten auf Basis einer selbstständigen Tätigkeit organisieren zu können. Im Detail müssen Ärzte, wie bei der Behandlung der Versicherten in einer eigenen Praxis, die konkret erbrachten Leis­tungen nach der Gebührenordnung mit eigener Abrechnungsnummer selbst abrechnen.

Sie müssen zudem für die Nutzung der von den KVen für den vertragsärztlichen Notdienst gestellten Räum­lichkeiten sowie für die personellen und sachlichen Betriebsmittel ein Nutzungsentgelt bezahlen. Dieses soll im Verhältnis zu den tatsächlichen Betriebs-, Personal- und Materialkosten angemessen und nicht umsatz­bezogen sein, hieß es.

Darüber hinaus müssen sie den vertragsärztlichen Notdienst nicht höchstpersönlich erbringen, sondern können sich durch eine selbst gewählte und entsprechend qualifizierte Person vertreten lassen. Zum Zwecke der Patientensicherheit und Qualitätssicherung sollen die KVen berechtigt sein, einen Mindeststandard an die Qualifikation einer solchen Vertretungskraft festzulegen.

Werden die Voraussetzungen alle vollständig erfüllt, dann soll im vertragsärztlichen Notdienst sowohl bei Vertragsärzten als auch bei Poolärzten von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werden. Die Deutsche Rentenversicherung Bund will nun die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Institu­tionen bitten, sich ebenfalls auf diese Auslegung zu verständigen.

Hintergrund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts. Dieses hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass ein Poolarzt im vertragszahnärztlichen Notdienst nicht automatisch selbstständig tätig ist, sondern die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Im Falle einer abhängigen Beschäftigung gilt dann aber eine Sozialversicherungspflicht – weshalb etliche KVen den Einsatz von Poolärzten mit Verweis auf die nicht stemmbare finanzielle Belastung eingeschränkt oder sogar ganz gestoppt hatten.

hil/sb/may

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