Vermischtes

Analyse: Maßnahmen gegen Arzneimittel­knappheit teuer und langwierig

  • Dienstag, 23. Mai 2023
/wsf-f, stock.adobe.com
/wsf-f, stock.adobe.com

Berlin – Der Pharmaverband Pro Generika hält die Pläne der Bundesregierung im Kampf gegen die Arznei­mittelknappheit für unzureichend. Das machte Pro-Generika-Vorstand Thomas Weigold, Geschäftsführer Deutschland des Arzneimittelherstellers Sandoz, heute deutlich.

Kein Unternehmen werde auf Basis des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesse­rungsgesetzes (ALBVVG) seine Lieferketten stabilisieren und Produktionskapazitäten ausbauen können, sagte er. „Wir verlieren kostbare Zeit.“ Die Politik müsse das Gesetz, das morgen im Bundestag beraten werden soll, nachbessern.

Der Verband hat die Unternehmensberatung Mundicare beauftragt, mehrere Maßnahmen gegen Arzneimittel­knappheit zu untersuchen. Demnach treibt der Bezug von Wirkstoffen aus mindestens zwei Quellen oder der Wirkstoffbezug aus mindestens einer europäischen Quelle die Arzneimittelherstellungskosten um mehr als ein Zehntel bis rund ein Fünftel nach oben.

Der Aufbau eines Wirkstoffwerks in Europa sei zwar effektiv, aber mit 150 bis 250 Millionen Euro Kosten teuer und habe eine jahrelange Vorlaufzeit. Größere Lagerbestände für fertige Arzneimittel wiederum trieben die Herstellungskosten um vier Prozent hoch, jedoch könnten Arzneimittel ablaufen.

Alle Maßnahmen könnten Lieferketten robuster machen, sagte Andreas Meiser, Partner bei Mundicare. „Aber ihre Umsetzung ist angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen unrealistisch und es dauert lange, bis sie wirken.“

Von der Politik forderte Pro Generika unter anderem eine staatliche Förderung für wettbewerbsfähige Pro­duktionsstandorte in Europa und eine Abkehr vom „alleinigen Fokus“ auf den Arzneimittelpreis. Denn schon jetzt sei die Produktion oft kaum kostendeckend.

Das ALBVVG sichere bestehende Hersteller im Markt, genüge aber nicht, um Produktion von Asien nach Deutschland zurückzuholen, sagte Weigold. Lieferengpässe gab es zuletzt bei Fiebersäften für Kinder, aber auch bei Antibiotika, Krebsmedikamenten und Blutdrucksenkern.

Gerade Hersteller von Generika beklagen großen Kostendruck und zu geringe Erstattungen der Kranken­kas­sen, während die Preise für Medikamente weitgehend reguliert sind. Der Großteil der Wirkstoffe wird in Asien zu niedrigeren Kosten hergestellt, so entstanden hohe Abhängigkeiten.

Die Bundesregierung setzt im Kampf gegen knappe Arzneimittel an mehreren Stellen an. So sollen größere Vorräte der Hersteller als Puffer dienen. Zum Auffangen kurzfristiger Störungen in der Lieferkette oder kurz­zeitiger größerer Mehrbedarfe ist eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung geplant.

Vorgesehen sind auch neue Preisregeln, die Lieferungen nach Deutschland für Hersteller attraktiver machen. Zudem sollen Antibiotika mit Wirkstoffproduktion in Europa bei Ausschreibungen von Krankenkassen­verträ­gen zusätzlich berücksichtigt werden.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung