Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes geplant

Berlin – Die Barrierefreiheit in Deutschland soll sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich umfassend verbessert werden. Diese Zielsetzung gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in seinem jüngst vorgelegten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) vor.
Das BGG verpflichtet bereits seit über zwanzig Jahren Behörden und andere öffentliche Stellen des Bundes zur räumlichen und kommunikativen Barrierefreiheit. Weitgehend ungeregelt blieb hingegen bisher der private Bereich – insbesondere diese Lücke soll nun geschlossen werden.
Die BGG-Reform zielt laut BMAS auf einen besseren Zugang zu gewerblich angebotenen Gütern und Dienstleistungen. Ursprünglich hätte das Reformgesetz, diese Information findet sich auch nach wie vor auf Website des BMAS, bereits im Sommer 2025 im Kabinett behandelt und danach im Bundestag verabschiedet werden sollen.
Der nun vorliegende Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass der Bund bis 2045 bauliche Barrieren abgebaut haben muss. „Der Bund, einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soll bauliche Barrieren in den öffentlich zugänglichen Gebäudeteilen seiner Bestandsbauten feststellen und sie unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten, vorzugsweise anlässlich der Durchführung investiver Baumaßnahmen, bis 2035 abbauen, sofern der Abbau nicht eine unangemessene wirtschaftliche Belastung darstellt. Bis 2045 sind die Barrieren abzubauen“, heißt es dazu im Entwurf.
Bei der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit soll außerdem ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Deutsche Gebärdensprache eingerichtet werden. Dieses soll die Bundesministerien und ihre nachgeordneten Behörden entsprechend beraten. Darüber hinaus soll das Amt der Beauftragten beziehungsweise des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen in seiner Funktion und Wirksamkeit gestärkt werden.
Im Bereich der privaten Anbieter von Gütern und Dienstleistungen soll „das bewährte Regelungskonzept der angemessenen Vorkehrungen“ greifen. Private Anbieter sollen „im Bedarfsfall durch individuelle, praktikable Lösungen vor Ort den Zugang zu ihren Angeboten“ gewährleisten – detaillierte Barrierefreiheitsvorschriften sind nicht vorgesehen. Alle baulichen Veränderungen sowie Änderungen an Gütern und Dienstleistungen sollen „als unverhältnismäßige und unbillige Belastung“ der Unternehmen gelten.
Zudem heißt es im Entwurf: „Gegenüber privaten Unternehmen kann kein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden.“ Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass starre Vorgaben, die zur Überregulierung führen, sowie zusätzlich belastende Berichts- oder Dokumentationspflichten vermieden werden sollen.
„Private Anbieter von Waren und Dienstleistungen werden weiterhin nicht in die Verantwortung genommen. Zwar hält das Gesetz fest, dass Unternehmen Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen dürfen. Aber kosten darf und wird die Herstellung von Barrierefreiheit die Unternehmen nichts“, kritisierte Corinna Rüffer, behindertenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, den Gesetzentwurf. Ein Diskriminierungsverbot, das ausdrücklich keine Entschädigung zulässt, sei „nichts anderes als ein Freibrief für Unternehmen weiterhin zu diskriminieren“.
Die geplante Übergangsfrist bis 2045 für die Barrierefreiheit öffentlich zugänglicher Bereiche von Bundesbauten sei „besonders darum ein Skandal, weil wir gerade ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für moderne Infrastruktur bereitgestellt haben“. Angesichts des demographischen Wandels müsse Barrierefreiheit eigentlich „ein Mega-Thema für alle“ sein.
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