Anhörung zu GKV-Finanzen: Sparmaßnahmen reichen aus Sicht der Krankenkassen nicht

Berlin – Das von der Regierungskoalition geplante Sparpaket zur kurzfristigen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist nach Einschätzung der Krankenkassen nicht ausreichend. Im Rahmen einer Anhörung des Gesundheitsausschusses zu entsprechenden Änderungsanträgen zum Entwurf eines Gesetzes zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege betonte Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, das finanzielle Volumen der Maßnahmen reiche nicht.
„Wenn nichts weiter passiert“, werde der durchschnittliche GKV-Zusatzbeitrag kommendes Jahr über drei Prozent steigen, so Blatt. Dies sei gesichert, da der Schätzerkreis den Aspekt der für die Kassen verpflichtenden Mindestrücklagenbildung nicht berücksichtigt habe. Zudem erwarte man weiterhin eine starke Ausgabendynamik.
Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, schätzte auf Nachfrage, dass man für das politisch erklärte Ziel eines stabilen GKV-Beitragssatzes etwa zwei bis vier Milliarden Euro mehr einsparen müsse. Er, wie auch weitere Kassenvertreter, teilte die Einschätzung, dass deshalb zusätzliche Maßnahmen nötig sind.
Sowohl Blatt als auch Baas sowie Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands, brachten diesbezüglich für den Pharmabereich eine Anhebung des Herstellerabschlags von sieben auf sechzehn Prozent sowie eine Bereinigung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung um die extrabudgetäre Vergütung für Terminvermittlung und offene Sprechstunden ins Spiel. Zudem wurde kassenseitig mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass nach wie vor eine kostendeckende GKV-Pauschale für Bürgergeldbeziehende fehle.
Einstimmig begrüßt wurde von den Krankenkassen die geplante Aussetzung der Meistbegünstigungsklausel im Krankenhausbereich für 2026. Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK, betonte, die stationäre Versorgung sei aufgrund dieser Maßnahme „nicht gefährdet“. Allerdings sei fraglich, ob das vom Schätzerkreis eingeplante Einsparvolumen im Krankenhausbereich tatsächlich erreicht werden könne.
Scharfe Kritik an dieser Sparmaßnahme übte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Streichung werde „definitiv“ ein Anwachsen des kalten Strukturwandels bewirken, da die Krankenhausträger unter dem starken finanziellen Druck defizitäre Bereiche zunehmend konsolidieren müssten. Nach seiner Einschätzung drohe so eine Verschlechterung der Versorgung – insbesondere in ländlichen Regionen.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) teilte heute dazu mit, Krankenhäuser verzeichneten seit Jahren ein überdurchschnittliches Ausgabenwachstum. Die vom Kabinett geeinten Maßnahmen sähen unter anderem vor, die Vergütungsanstiege bei Krankenhäusern „auf die reale Kostenentwicklung zu begrenzen“. Deshalb werde die sogenannte Meistbegünstigungsklausel für das kommende Jahr ausgesetzt und den Krankenhäusern würden die tatsächlichen Kostensteigerungen refinanziert.
„Den Krankenhäusern wird nichts weggenommen, die höhere Vergütung, die auch im kommenden Jahr ansteht, wird aber begrenzt“, so das BMG. Zudem würden die Krankenhäuser noch anderweitig unterstützt, zum Beispiel durch die Soforttransformationskosten oder durch Förderungen für Maßnahmen zur Cybersicherheit.
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