Politik

SPD-Gesundheitspolitiker Pantazis prognostiziert Beitragssteigerungen

  • Donnerstag, 25. September 2025
Christos Pantazis (SPD) /picture alliance, dts-Agentur
Christos Pantazis (SPD) /picture alliance, dts-Agentur

Berlin – In der Gesundheitspolitik gehen Parlamentarier der Koalitionsfraktion offenbar von weiteren Jahren mit Beitragssteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus.

„Eine Beitragsanhebung zum 1. Januar 2026 und möglicherweise auch für das Jahr 2027 ist absehbar“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christos Pantazis, beim Herbstempfang des AOK-Bundesverbandes gestern Abend in Berlin.

Aus seiner Sicht seien die Beitragszahlenden in den vergangenen Jahren erheblich in Vorleistung getreten, bekämen aber nicht immer eine optimale Versorgung. Er appellierte auch, dass „gesamtgesellschaftliche Aufgaben endlich stärker steuerfinanziert werden müssen“.

Dabei geht es vor allem um die Debatte zu versicherungsfremden Leistungen sowie die Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Menschen mit Bürgergeldbezug. Die wird derzeit zum größten Teil aus Finanzmitteln der GKV gezahlt, nicht aus dem Steueraufkommen.

Gleiches gilt für die Pflegeversicherung: Auch hier mahnte Pantazis, dass zügig „zusätzliche Mittel in Höhe von zwei Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt mobilisiert“ werden müssten.

Der SPD-Gesundheitsexperte warnt allerdings: „Wir dürfen nicht vergessen: Gesundheitspolitik ist immer Demokratiepolitik.“ Es benötige echte Reformen. „Wer die GKV stabilisiert, stärkt das Fundament der Demokratie.“ Das vom SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil geführte Bundesfinanzministerium gibt derzeit keine Hinweise, dass weiteres Steuergeld in die GKV fließen sollen.

Pantazis zitierte aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Sommer dieses Jahres zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz von Ende 2022. Mit dem Gesetz hatte die Ampelkoalition die Finanzen in der GKV stabilisieren wollen, gegen die neue Preisbildung von Arzneimitteln hatte die Pharmabranche vor dem höchsten Gericht geklagt. Dort wurden sie aber abgewiesen.

Das Gericht erklärte, dass Eingriffe des Gesetzgebers möglich seien, besonders wenn das „angestrebte Gemeinwohlziel – die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung – in der vorzunehmenden Interessenabwägung jeweils überwiegt“.

Aus Pantazis Sicht belegt das Urteil, dass der Gesetzgeber eine besondere Verantwortung für die Stabilität der GKV-Finanzen hat, dass „aber auch die Leistungserbringer an der Kostenbeteiligung zu beteiligen sind“.

Aus seiner Sicht sind viele Gesetze „dringend“ umzusetzen: Gesetze aus der vergangenen Legislatur, wie beispielsweise die Notfallreform und die Aufwertung von Gesundheitsberufen sowie der Digitalisierung müssten fortgesetzt werden, sagte er.

Auch müsse die Krankenhausreform vorangetrieben werden – „ohne Abstriche bei der Qualität, denn unser Ziel ist die Weiterentwicklung, sie darf nicht verwässert werden“. Beim Bundesklinikatlas setzte man „auf das Primat der Weiterentwicklung, nicht der Abwicklung“. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte immer wieder angedeutet, dass sie sich ein Ende des Klinik-Atlas vorstellen kann.

Für die ambulante Versorgung setzt Pantazis auf ein „Primärarztmodell mit Termingarantie“. Dies sei „kein abstraktes Projekt, sondern müsse zu einer spürbaren Verbesserung für Viele bringen“. Gerade heute hatte die Techniker Krankenkasse eigene Pläne für ein solches Modell vorgelegt. Sie geht aber über die Regierungspläne hinaus.

Pantazis betonte für die Arbeit in den kommenden Monaten, in denen an Gesundheitsreformen gearbeitet werden, dürfe es „keine Denkverbote“ geben, es müsse „an Kompromissen“ gearbeitet werden. Allerdings warnte er dabei vor zu vielen Vorschlägen.

„Wenn jeden Tag neue Vorschläge gemacht werden, Leistungskürzungen in der Luft hängen oder ständig über neue Belastungen gesprochen wird: Dann schaffen wir kein Vertrauen sondern Verunsicherung. Und solche Verunsicherung öffnet Tür und Tor für Populisten“, mahnte er.

Auch die Vorstandsvorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, selbst in der Zeit von 2005 bis 2009 gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, blickt mit gemischten Erwartungen auf die anstehenden Reformen.

„Aussichten auf schnelle Entscheidungen und echte Lösungen sind wieder in die Ferne gerückt“, sagte sie gestern beim Empfang ihres Verbandes. „Es setzt sich langsam der politische Realitätssinn durch. Es ist sicherlich nicht mehr mit schnellen Entscheidungen zu rechnen. Wir erwarten eher ein zähes Ringen um Kompromisse mit eher ungewissem Ausgang.“

Sie appellierte an den Pragmatismus im Bundesgesundheitsministerium, dass begonnene Gesetze aus der vergangenen Legislatur möglichst schnell nun verabschiedet werden. Dabei geht es um die Notfallreform, die Pflegegesetze und das Krankenhausgesetz, dass „keinesfalls zum Krankenhausaufweichungsgesetz mutieren darf“.

bee

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