Antibiotikaresistenzen: Biofilm in Flüssen als mögliche Nachweisquelle

Krems/Wien – Für den Eintrag antibiotikaresistenter Bakterien (ABR) aus klinischen Einrichtungen und Abwässern könnten die in Flüssen vorhandenen Biofilme bessere Indikatoren sein als das Wasser selbst. Das haben Forschende aus Österreich mittels Analysen von Proben aus der Donau festgestellt (International Journal of Hygiene and Environmental Health, 2024; DOI: 10.1016/j.ijheh.2024.114361).
Ergebnisse einer weiteren Studie zeigten zudem, dass die Verunreinigung durch humane Fäkalien im schiffbaren Flusslauf der Donau die Hauptquelle für ABR ist (Water Research, 2024; DOI: 10.1016/j.watres.2024.121244).
In der ersten Studie untersuchte ein Team um den Letztautor Andreas Farnleitner, Fachbereich Wasserqualität und Gesundheit an der Karl Landsteiner Privatuniversität (KL) in Krems und Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften an der Technischen Universität Wien, die Resistenzmuster des Bakteriums Escherichia (E.) coli in menschlichen und in Umweltproben.
„E. coli ist dafür ein sehr gut geeigneter Modellorganismus: Er ist als Haupterreger von Harnwegsinfekten weit verbreitet, besiedelt oft auch undichte Harnkatheter von Klinikpatientinnen und -patienten, wird in Gewässern als Indikator für ABR verwendet“, so Farnleitner in einer Pressemittelung der KL Krems. Zudem empfehle die Weltgesundheitsorganisation das Bakterium als Anzeiger für Antibiotikaresistenzen.
Mehr als 1.600 Proben analysiert
Die Arbeitsgruppe analysierte Urinproben von ambulant (n=424) und stationär (n=273) versorgten Patienten des Universitätskrankenhauses in Graz. Zudem entnahm sie je 220 Proben aus den Biofilmen stromauf- und stromabwärts einer Kläranlage, die das Abwasser aus der Uniklinik sowie der regionalen Bevölkerung erhält und anschließend in die Donau einleitet. Entsprechend gewannen die Forschenden 241 beziehungsweise 248 Proben aus dem Wasser der Donau.
Alle E.-coli-Isolate wurden auf ihre Empfindlichkeit gegenüber 20 Antibiotika untersucht. Verglichen mit den Isolaten aus den Umweltproben ließen sich in den humanen Isolaten signifikant mehr multiresistente, das heißt gegenüber mindestens 3 Antibiotika resistente, Keime nachweisen (19,7 versus 5,5 %; p < 0,001).
Hinsichtlich des Anteils der resistenten (gegenüber 1 oder 2 Antibiotika) Bakterien unterschieden sich humane Isolate und Isolate aus Wasserproben signifikant (34,9 versus 23,7 %; p < 0,01). Das galt nicht für Isolate aus Biofilmen (33,2 %).
In den humanen Isolaten ließen sich keine Resistenzen gegenüber Imipenem und den Reserveantibiotika Tigecyclin und Colistin finden. Dies weise auf eine eher moderate Resistenzsituation in Österreich hin, so die Forschenden.
Zwar konnte das Team keine deutlichen Unterschiede zwischen den Isolaten aus beiden Umweltproben hinsichtlich des Nachweises von Resistenzen gegenüber Reserveantibiotika feststellen. Jedoch gab es in den Biofilmproben 2 Isolate, die die Extended-Spectrum Beta-Lactamase (Breitspektrum Beta-Laktamase, ESBL) produzierten, sowie 1 Isolat mit einer Resistenz gegenüber Tigecyclin, in den Wasserproben dagegen keine.
Daher vermuten die Forschenden, dass der Biofilm ein besserer Indikator für den Einfluss klinischer Einrichtungen auf die ABR in Flüssen sein könnte als das Wasser selbst.
Antibiotikaresistenzen in der Donau untersuchen
Für die globale Verbreitung von ABR in der Umwelt sind große Flüsse besonders kritische Ökosysteme. Sie können stark von Abwasserbelastungen betroffen sein und gleichzeitig Lebensadern darstellen, die verschiedene menschliche Bedürfnisse erfüllen. Ein umfassendes Verständnis für das Vorkommen, die Verbreitung und die Haupttreiber von ABR entlang ganzer Flussläufe fehlte bisher aber weitgehend. Daher evaluierte ein Forschungsteam aus Österreich dies nun für die Donau.
Die Gruppe wählte einen ganzheitlichen Ansatz. Sie analysierte raumzeitliche Muster und Hotspots antibiotikaresistenter Gene (ARG) entlang von 2.311 km der schiffbaren Donau mittels einer Kombination aus langfristiger und temporärer Überwachungskampagnen.
Die Forschenden untersuchten zum Beispiel 9 Marker für antimikrobielle Resistenzen (AMR). Diese umfassten unter anderem Gene, die Resistenzen gegenüber 5 verschiedene Antibiotikaklassen, die sowohl klinisch relevant als auch bedeutend für die Umwelt sind, vermitteln sowie 1 Integrase-Gen.
Alle 9 AMR-Marker konnten entlang des untersuchten Donauabschnitts von Deutschland bis Rumänien im Wasser gefunden werden. Dabei zeigte sich, dass 2 Gene – das Resistenzen gegenüber Sulfonamiden vermittelnde Gen sul1 und das Integrase-Gen von Klasse 1 Integrons intI1 – ubiquitär vorkamen.
Andere Gene, die etwa Resistenzen gegenüber Tetrazyklinen vermitteln oder für die Betalaktamase (mit ESBL-Varianten) kodieren, traten mit mittlerer Häufigkeit auf. Selten ließen sich ESBL-Gene oder Carbapenemase-Gene nachweisen.
Menschliche Fäkalien als Hauptursache
Verunreinigungen durch menschliche Fäkalien aus kommunalen Abwassereinleitungen in die Donau erwiesen sich als der dominante Faktor für das Auftreten von ARG. Darüber hinaus wurden weitere signifikante Korrelationen zwischen spezifischen ARG mit Abwässern, bestimmten Metallen und Pestiziden beobachteen. Für das Gen intI1 ergab sich allerdings keine Assoziation mit dem Abwasser, es war bereits im Wassermikrobiom etabliert.
Dagegen fanden sich tierische Verunreinigungen nur sporadisch und sie korrelierten nur mit ARG im Rahmen der temporären Probenahme. Bei der temporären Überwachung wurde ein außergewöhnlicher Hotspot identifiziert, der die Variabilität innerhalb natürlicher Gewässer unterstreicht.
„Das so gewonnene umfassende Verständnis bildet die Grundlage für ein gezieltes Management zur Reduzierung der Verbreitung von ABR in Flussgebieten,“ betont Alexander Kirschner, Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie an der MedUni Wien sowie Fachbereich Wasserqualität und Gesundheit an der KL Krems, Letztautor der Studie.
„Wir präsentieren den ersten umfassenden ARG-Datensatz entlang der Donau, der dazu beitragen wird, zukünftige Trends zu bewerten.“ Um das Verständnis für die Verbreitung und Dynamik von ABR zu verbessern, sollten ABR auch in anderen Umweltkompartimenten – wie zum Beispiel in Flussbiofilmen oder Sedimenten – untersucht werden, da diese als langfristiges Reservoir dienen könnten.
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