Apotheken melden Probleme bei Anwendung von Tirzepatid-Pens

Berlin – Bei der Nutzung von Tirzepatid-Pens haben Patienten in Apotheken vermehrt von Anwendungsproblemen berichtet. „Uns haben mehr als hundert Verdachtsfälle erreicht: Patientinnen und Patienten sind verunsichert, weil sie einen technischen Defekt des Pens vermuten“, sagte der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), Martin Schulz.
Beanstandet werde, dass der Pen bei der vierten und teils auch schon bei der dritten Dosis blockiere und sich das Dosierrad nicht mehr einstellen lasse, teilte die AMK heute dazu mit. Tirzepatid wird einmal wöchentlich selbst injiziert. Die Pens enthalten je vier Dosen.
Die Problematik betrifft den AMK-Angaben zufolge das Arzneimittel Mounjaro (Tirzepatid) in der Darreichungsform als sogenannter Kwikpen, mit 149 Verdachtsfallmeldungen zum Fehlerbild eines mechanischen Defekts im Zeitraum Mai bis September 2024. Bei Tirzepatid in der Durchstechflasche gibt es laut AMK keine derartige Häufung von Anwendungsproblemen.
Die Firma habe das beschriebene Fehlerbild auf Anwendungsfehler zurückgeführt, teilte die AMK weiter mit. Auch in einer Untersuchung des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) im Auftrag der AMK habe kein Qualitätsproblem erkannt werden können.
Die AMK sieht angesichts der Fallserie dennoch mehrere herstellerseitige Faktoren, die Medikationsfehler (mit-)bedingen könnten und hält Anpassungen der Produkteigenschaften für nötig, um eine sichere Anwendung des Arzneimittels zu gewährleisten.
Die AMK moniert unter anderem, dass der Originalpackung keine Kanülen beiliegen. Patienten müssten diese separat beziehen. Komme es entgegen der ausdrücklichen Empfehlung zu einer Mehrfachverwendung oder werde der Pen mit aufgesetzter Kanüle gelagert, könne leichter Luft in den Pen eindringen.
Das erschwere die Entnahme und könne die vorzeitige Arretierung des Pens begünstigen. Eine Entlüftung des Pens ist den Angaben zufolge nur in begrenztem Maß möglich. „Vor allem das vor dem Spritzen notwendige Entlüften des Pens scheint fehleranfällig. Wird übermäßig entlüftet, kann der Pen vorzeitig arretieren – dann lässt sich keine Wirkstofflösung mehr entnehmen“, erläuterte Schulz.
Auch schlägt die AMK vor, in der Packungsbeilage Angaben zur Anwendungstemperatur zu ergänzen und eine unmissverständliche numerische Skalierung der Pens vorzunehmen. Die in der Gebrauchsinformation bereits vorhandene Dokumentationshilfe für die einmal wöchentliche Selbstinjektion solle prominenter angebracht werden.
Eines der Probleme ist laut Darstellung der AMK, dass angesichts der notwendigen Überfüllung regelmäßig ein hohes Restvolumen im Pen verleibe, was Patientinnen und Patienten den falschen Eindruck vermitteln könne, dass noch eine weitere Dosis anwendbar sei. „Tatsächlich liegt der AMK ein Fallbericht vor, wie vom Patienten versucht wurde, manipulativ die verbliebene Restmenge mittels separater Spritze zu entnehmen“, hieß es.
Die AMK stehe mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als zuständiger Bundesoberbehörde in engem Austausch, um zeitnah risikominimierende Maßnahmen im Zusammenwirken mit der Firma anzustoßen.
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