Lieferengpässe bei Arzneimitteln führen weiter zu Versorgungslücken

Berlin – Derzeit sind mehr als drei Millionen gesetzlich Versicherte von Arzneimittellieferengpässen betroffen. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung der vertragsärztlichen Arzneiverordnungsdaten für die Jahre 2022 bis 2024, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlicht hat.
Demnach haben die mit der Sonder-Pharmazentralnummer dokumentierten Engpässe Ende des dritten Quartals des laufenden Jahres wieder das Niveau von Anfang 2022 erreicht. Das Zi verweist auch auf die Lieferengpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Dort seien nach wie vor mehr als über 500 Präparate gelistet.
„Für einige Lieferengpässe stehen ausreichend Alternativen zur Verfügung“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried. Andere hingegen verschlechterten die Versorgungslage und führten zu einem hohen Arbeitsaufwand in Arztpraxen, etwa durch intensive Beratung oder Umstellung der Therapie.
Auch bei einer Gruppe von Diabetesmedikamenten, den GLP-1-Rezeptoragonisten, bleibt nach Angaben des Zi die Versorgungslage „hoch angespannt“. Neben dem Einsatz bei Typ-2-Diabetes werden diese Wirkstoffe auch als Mittel zur Gewichtsreduzierung beworben. Das Ergebnis ist, dass die Produktionskapazitäten den Bedarf nicht decken können.
Wenn dadurch die auf einen GLP-1-Rezeptoragonisten eingestellten Diabetiker nicht versorgt werden könnten, entstehe in den Arztpraxen ein erhöhter Beratungsbedarf zum Therapiemanagement, so der Zi-Chef. Bei einem Wechsel zum momentan einzig lieferbaren Wirkstoff Tirzepatid stiegen die Therapiekosten mindestens auf das Doppelte der früheren Therapien an.
Von Stillfried wies darauf hin, dass viele Lieferengpässe, etwa bei einzelnen Antibiotika oder Asthmasprays mit dem Wirkstoff Salbutamol, monatelang andauerten – ohne, dass die Politik interveniere. „Trotz zahlreicher finanzieller Anreize des Gesetzgebers bleibt das Strukturproblem ungelöst“, sagte er. Das sei die zu geringe Anzahl der Wirkstoffhersteller.
Das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG), das der Bundestag im Jahr 2023 verabschiedet hat, entfaltet für ihn keine Wirkung. „Das ALBVVG hat keinen nachhaltigen Effekt“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende.
Das Gesetz sei „lediglich ein kleines Pflaster auf einige der Versorgungslücken“ gewesen. „Insgesamt scheint der öffentlich sichtbare Nutzen der gesetzlichen Maßnahme aber eher gering.“
Lieferengpässe mit Arzneimitteln sind nach Angaben des Zi in den vergangenen Jahren zu einem empfindlichen Dauerthema in der vertragsärztlichen Versorgung geworden. Einen Höhepunkt erreichten die Lieferengpässe im Dezember 2022.
Damals dokumentierten die Apotheken demnach für rund sechs Millionen gesetzlich Versicherte die Nichtverfügbarkeit des nach Rabattvertrag abzugebenden Präparats. Dies seien 24 Prozent aller Patienten mit mindestens einer Arzneimittelverordnung gewesen, so das Zi. Im Januar 2023 habe dieser Wert dann bei 25 Prozent gelegen. In diesem Zeitraum seien insbesondere Kinderarzneimittel (z.B. Fiebersäfte) und Antibiotika von Lieferengpässen betroffen gewesen.
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