Apotheker wollen ihre Kunden stärker an sich binden

Berlin – Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat bekräftigt, dass Apotheker ihre Kunden künftig gegen eine Vergütung zu deren Medikation beraten wollen. Geschehen soll dies auf der Grundlage einer „Medikationsanalyse“ und eines „Medikationsmanagements“. Beide Begriffe hat die ABDA in einem gestern veröffentlichten „Grundsatzpapier“ definiert. Künftig wollen Apotheker demnach die Gesamtmedikation von Kunden analysieren, die sich für eine solche Leistung eingeschrieben haben, und diese zu Therapietreue und Arzneimittelsicherheit beraten.
„Bei der Medikationsanalyse führt der Apotheker eine strukturierte Prüfung der aktuellen Gesamtmedikation durch und bewertet, ob arzneimittelbezogene Probleme vorliegen“, heißt es in dem Papier. Die entsprechenden Informationen erhalte er in einem Patientengespräch, erklärte der Präsident der Bundesapothekerkammer, Andreas Kiefer, gestern in Berlin. Anschließend würden Maßnahmen zur Lösung der Probleme gemeinsam mit dem Patienten und gegebenenfalls mit dem behandelnden Arzt vereinbart. Unter Medikationsmanagement versteht die ABDA „die kontinuierliche Betreuung des Patienten durch ein multidisziplinäres Team“.
„Es geht nicht darum, kleine Arztpraxen aufzubauen“
Ziel sei es, ein Vertrauensverhältnis zu dem Patienten zu erarbeiten, damit dieser bei der Medikationsanalyse wirklich alle Arzneimitteleinnahmen offenlege, sagte Kiefer. Auch klinische Daten seien in diesem Zusammenhang wünschenswert. Diese könnten aber nur in einem „therapeutischen Team“ erhoben werden. Kiefer betonte, dass der Arzt der Therapeut sei: „Die Apotheker wollen nicht therapieren und werden nicht therapieren.“ Ein „Kompetenzgerangel“ mit der Ärzteschaft erwartet er nicht, da es eine klare Aufgabenteilung zwischen Ärzten und Apothekern gebe.
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagte: „Patienten sollen lernen, sich an eine Apotheke zu binden, wie sie sich bereits an ihre Haus- und Fachärzte binden, indem sie ein besonderes Vertrauensverhältnis zu einer Apotheke aufbauen.“ Zudem werde es nötig sein, mehr Informationen über die Verordnungen zu erhalten, als die Apotheker heute bekämen.
„Wir müssen gemeinsam mit den Ärzten definieren, welche Daten für eine zuverlässige Zuarbeit notwendig sind. Da sind wir noch ganz am Anfang“, befand Schmidt. „Wir benötigen standardisierte und rationale Wege der Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern.“ Das sei technisch sehr schwer, und es seien auch gewisse Hürden zu überwinden, „weil wir uns in einem stark segregierten System bewegen. Wir müssen erst einmal lernen, dass es sinnvoll ist, Daten auszutauschen.“ In jedem Fall gehe es aber nicht darum, „kleine Arztpraxen“ aufzubauen.
Apotheker wollen Wiederholungsrezepte ausstellen
Bereits vor zwei Wochen hatte die ABDA in ihrem Perspektivpapier „Apotheke 2030“ die neuen Ansprüche der Apotheker formuliert. Auch hier geht es darum, die Kunden stärker an einzelne Apotheken zu binden, sie über die Arzneimittel zu beraten, die sie einnehmen, und dafür eine Vergütung zu erhalten. Dieses Angebot sei vor allem für chronisch Kranke interessant, die nach Terminvergabe in separaten Beratungszimmern mit ihrem Apotheker über Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen der vom Arzt verschriebenen Medikamente sprechen könnten, hatte Schmidt erklärt.
Auch Wiederholungsrezepte sollen demnach in Zukunft in der Apotheke ausgestellt werden – ohne vorherigen Arztbesuch, aber mit einer finanziellen Vergütung. Nötig dafür sei eine Gebührentabelle, über die die neuen Leistungen abgerechnet werden könnten. Über das Perspektivpapier „Apotheke 2030“ soll im September der Deutsche Apothekertag abstimmen.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, betonte anlässlich der neuen Pläne der Apotheker, dass Ärzte und Apotheker vor Ort bereits gut zusammenarbeiteten. Klar sei aber auch, „dass die Grenzen zu den Kernkompetenzen des jeweils anderen nicht aufgeweicht werden sollten“.
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