Arzneimitteltests in der DDR: Westliche Auftragsstudien sollen geprüft werden
Berlin – Um Rechtmäßigkeit, ethische Verantwortung und Hintergründe von Arzneimittelstudien in der DDR bewerten zu können, will eine Forschergruppe ausgewählte Auftragsstudien westlicher Pharmahersteller näher prüfen. Bislang gilt es als gesichert, dass zwischen 1980 und 1990 etwa 300 Studien dieser Art in der DDR durchgeführt wurden. „Noch fehlt uns aber die historische Tiefe“, sagte der federführende Leiter der Forschergruppe, Volker Hess vom Medizinhistorischen Institut der Charité, am Montag bei der Präsentation eines Zwischenberichts.
Analysiert wurden in dem Projekt seit Juni 2013 zahlreiche Akten, Berichte und Zeitzeugen-Aussagen: Die Ergebnisse zeigen etwa, dass hauptsächlich an akademischen Einrichtungen getestet wurde – überall in der DDR, wie Projektmitarbeiter Pascal Grosse sagte. Neben einem Schwerpunkt in Berlin seien jedoch vor allem Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern betroffen gewesen. Etwa zehn Prozent der Tests wurden an Kindern vorgenommen.
Die Organisation der Arzneimittelstudien in der DDR beschreiben die Forscher als staatlich zentralisiert: Womöglich bot dies gute Bedingungen für pharmazeutische Unternehmen aus der Bundesrepublik, Westeuropa und dem außereuropäischen Ausland, vermutet das Team. Denn in den 1970er Jahren seien im Westen strengere staatliche Regulierungen hin zu einer moderneren Arzneimittelprüfung erlassen worden, sagte Hess.
Ob Patienten freiwillig an den Testreihen teilnahmen und ausreichend aufgeklärt wurden, ist nach Angaben der Forscher kaum dokumentiert. Es gebe jedoch Anzeichen, dass die Standards der Zeit eingehalten wurden. Näheres sollen die Fallstudien bis zum Ende des Projekts im Dezember 2015 zeigen. Für ihre Arbeit erhoffen sich die Wissenschaftler zunächst besseren Zugang zu Firmenarchiven.
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