Politik

Arzt aus Hessen zeigt Rabbiner wegen Beschneidungen an

  • Mittwoch, 22. August 2012

Hof/Vaduz – Wegen Beschneidung jüdischer Jungen hat ein Arzt aus Hessen einen Rabbiner bei der Staatsanwaltschaft im bayerischen Hof angezeigt. In der Anzeige werde dem Rabbiner Körperverletzung vorgeworfen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Gerhard Schmitt am Mittwoch in Hof. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte angesichts der Anzeige davor, die religiöse Toleranz aufs Spiel zu setzen.

Nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts nimmt der Arzt aus Hessen in der Anzeige gegen den Rabbiner Bezug auf das umstrittene Urteil des Kölner Landgerichts, das im Mai Beschneidungen von Jungen aus rein religiösen Gründen als strafbare Körperverletzung gewertet hatte. Schmitt zufolge wird seine Behörde die in der vergangenen Woche in Hof eingegangene Strafanzeige nun prüfen und danach entscheiden, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen den Rabbiner einleitet.

Westerwelle erklärte im liechtensteinischen Vaduz, jüdische und muslimische Traditionen müssten „auch in Deutschland ohne Rechtsunsicherheit gelebt werden können“. „Wir dürfen das Ansehen Deutschlands in der Welt als ein Land der religiösen Toleranz nicht aufs Spiel setzen.“ Es sei „nötig, jetzt zügig zu einer klaren Regelung zu kommen“. Er begrüße daher sehr, dass der Deutsche Ethikrat am Donnerstag zusammentrete, „um diese Frage zu erörtern“  

Das Kölner Urteil wird von jüdischen und muslimischen Verbänden scharf kritisiert. Der Bundestag hatte im Juli mit breiter Mehrheit einen Antrag angenommen, wonach die Bundesregierung bis zum Herbst eine gesetzliche Grundlage für religiöse Beschneidungen schaffen soll. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte dazu am Mittwoch, in ihrem Ministerium werde intensiv an einer gesetzlichen Regelung gearbeitet, „und wir werden den Auftrag des Bundestags, im Herbst einen Vorschlag vorzulegen, natürlich auch erfüllen“. Details könne sie derzeit aber noch nicht nennen. 

Der Hamburger Strafrechtler und Angehörige des Deutschen Ethikrats, Reinhard Merkel, forderte derweil strenge Auflagen für religiöse Beschneidungen jüdischer und muslimischer Jungen. Der Bundestag habe in seinem Bemühen, Beschneidungen straflos zu ermöglichen, „unüberlegt und übereilt“ gehandelt, kritisierte Merkel in der Stuttgarter Zeitung vom Mittwoch. An der Stelle ein "Sonderrecht" zu schaffen, wäre "ein Sündenfall des Rechtsstaats" und bringe diesen in eine "Art rechtspolitischen Notstands".

afp

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