Politik

Diskussion über religiöse Beschneidungen

  • Freitag, 17. August 2012
Uploaded: 13.07.2012 16:50:31 by mis
dpa

Köln - In einem womöglich wegweisenden Urteil hat das Kölner Landgericht vor kurzem die religiöse Beschnei­dung von Jungen als Straftat gewertet. Dieses Urteil hat zu einer regen Diskussion geführt, die auch im Deutschen Ärzteblatt geführt wird. So wird beispiels­weise über die Frage diskutiert, ob man die Beschnei­dungen minderjähriger Jungen gesetzlich regeln sollte. Vorbild für eine solche Regelung könnte beispielsweise ein Gesetz in Schweden sein. Darin wird geregelt, wer und unter welchen hygienischen Umständen die Zirkumzision ausführen darf.

Ab einem Alter von zwei Monaten darf ausschließlich ein Arzt diesen Eingriff durchführen, bis zu diesem Alter auch Krankenschwestern und speziell für die Beschneidung legitimierte Personen. Auf dieses Gesetz verweist Jörg Carlsson, Universität Kalmar (Schweden) in einem Kommentar für das DÄ. „Ich denke, dass Schweden einen richtigen Weg beschritten hat durch die Legalisierung der Beschneidung mit dem Hauptziel der medizinischen Sicherheit der Betroffenen.“

Der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Heiner Bielefeldt, hält ein generelles Verbot der religiösen Knabenbeschneidung ebenfalls für unverhältnismäßig. Es stelle sich zwar die Frage nach dem Verhältnis von elterlichem Sorgerecht und der Selbstbestimmung des Kindes in Fragen von Religion und Weltanschauung. Beide Aspekte gehörten grundsätzlich zusammen. So sehe es auch die UN-Kinderrechtskonvention vor. Dennoch machten es sich das Kölner Urteil und seine Fürsprecher zu leicht, meint Bielefeldt.

Für eine gesetzliche Regelung plädieren in weiteren Kommentaren außerdem die Urologen Ahmed Magheli, Charité Berlin, und Oliver Hakenberg, Universitätsmedizin Rostock, sowie der Präsident des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, Hans Peter Bruch.

Eine ganz andere Meinung vertreten dagegen der Passauer Strafrechtler Holm Putzke sowie die Münchener Kinderchirurgen Hans-Georg Dietz und Maximilian Stehr. Ihrer Ansicht nach sind „medizinisch nicht indizierte und damit auch religiös motivierte Beschneidungen an Jungen rechtswidrig, weil sie nicht dem Kindeswohl dienen, es vielmehr gefährden“.

Neben dem Grundrecht auf körperlicher Unversehrtheit werde zudem das Selbstbestimmungsrecht des Kindes verletzt. Für den Betroffenen bedeute eine religiöse Beschneidung lebenslange Kennzeichnung. Zahlreiche biblische Ge- und Verbote hätten sich in katechetischer Betrachtung gewandelt. Es sei Religionsgemeinschaften zuzumuten, Alternativen selbst für uralte Bräuche zu suchen, wenn sie das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit verletzen. Der Staat sei verpflichtet, solche Eingriffe erst zu erlauben, wenn die Entscheidung selbstbestimmend getroffen werden könne.

Kli

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