Ärzteschaft

Ärzte diskutieren über Details eines Primärarztsystems

  • Montag, 2. Juni 2025
/AnnaStills, stock.adobe.com
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Berlin – Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) warnt die schwarz-rote Koalition vor der flächendeckenden Einführung eines Primärarztsystems für gesetzlich Krankenversicherte. Die Hausärzte sehen das ganz anders.

Ein Primärarztsystem sei eher für ältere Patienten sinnvoll, sagte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen der Bild. Eine pauschale Altersgrenze, ab wann das Modell sinnvoll sei, gebe es nicht. Doch „ungefähr ab 50 macht es Sinn. Da sind relativ viele schon mit irgendwelchen Zipperlein in ärztlicher Behandlung“, betonte Gassen.

Für eine gezieltere Steuerung und schnellere Vergabe von Terminen soll nach dem Willen der Koalition ein „verbindliches Primärarztsystem“ durch Haus- und Kinderärzte eingeführt werden, die Patienten gegebenenfalls an Fachärzte überweisen – ausgenommen sein sollen Augenärzte und die Gynäkologie.

Gassen zufolge könne das System funktionieren, „wenn es sich um ältere multimorbide Patienten handelt, also Menschen, die verschiedene Erkrankungen haben, aus unterschiedlichen Bereichen, wo zum einen eine ordnende Hand im Sinne der hausärztlichen Praxis notwendig ist, um alle Befunde zusammenzuführen und wo auch gezielt zu fachärztlichen Kollegen überwiesen werden kann“.

Der KBV-Chef sprach sich zugleich dafür aus, eine bessere Steuerung der Arztbesuche von Patienten über mehr Eigenbeteiligung zu erreichen. „Nehmen wir an, wir haben Menschen, die gehen nicht zum Hausarzt, die wollen sich auch nicht über die 116117 medizinisch beraten lassen und suchen sozusagen den Facharzt Ihres persönlichen Wunsches auf, dann muss man vielleicht tatsächlich über Eigenbeteiligung nachdenken“, sagte Gassen.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen unterstützt das Steuerungskonzept, mahnt aber zugleich eine Entlastung der Hausärzte an. „Ein verpflichtendes Primärarztsystem kann helfen – aber nur, wenn es richtig gemacht wird“, sagte Dahmen. Das Gesundheitssystem leide unter zu vielen unnötigen Arztbesuchen, langen Wartezeiten und unkoordinierten Abläufen.

Konkret forderte Dahmen für die Hausärzte „mehr Zeit durch Vorhaltepauschalen statt Quartalsabrechnung, mehr Unterstützung durch eigenständig arbeitendes nicht ärztliches Praxispersonal und ein vernetztes, digitales Terminmanagement – ein System, das Ärztinnen und Ärzte nicht zu Facharzttürstehern und Überweisungsautomaten macht.“

Dahmen verwies darauf, dass im ländlichen Raum viele Hausärzte fehlen. Er warnte: „Wer dort eine Pflicht einführt, ohne tragfähige Lösungen zu schaffen, riskiert reale Unterversorgung.“

Die Co-Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, widersprach Gassen. „Die Patientinnen und Patienten haben weiterhin die freie Wahl, was ihren Hausarzt angeht, und auch die freie Wahl, was ihren Facharzt angeht. Sie haben nur nicht mehr die freie Wahl, welche Facharztgruppe sie jetzt aufsuchen. Das wird gemeinsam in der Hausarztpraxis entschieden“, sagte sie.

Buhlinger-Göpfarth betonte, dass trotz Ärztemangels die Hausärzte mit mehr Patienten zurechtkämen. Es gebe Berechnungen des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung, wonach das Primärarztmodell zwei bis fünf zusätzliche Kontakte am Tag für die Praxen bedeute. „Und da sage ich Ihnen als Hausärztin, das ist ein Versprechen: Das machen wir.“

Generell seien Patienten in einem Hausarztprogramm besser versorgt. „Und zwar insbesondere dann, wenn sie chronisch erkrankt sind. Wir können zeigen: Diabetiker haben, wenn sie an einem Hausarztprogramm teilnehmen, weniger Amputationen, weniger Erblindungen, weniger Krankenhauseinweisungen“, so Buhlinger-Göpfarth.

dpa/kna

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