Arztinformationssystem kommt erst nach Regierungsbildung
Berlin – Die Rechtsverordnung zum Arztinformationssystem (AIS) wird nicht veröffentlicht, bevor die Regierungsbildung abgeschlossen ist. Darauf hat heute das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes (DÄ) hingewiesen.
Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz hatte der Gesetzgeber dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) aufgegeben, innerhalb eines Monats nach der Festlegung der frühen Nutzenbewertung eines neuen Arzneimittels eine maschinenlesbare Fassung zu dem Beschluss zu veröffentlichen, die in der Praxissoftware abgebildet wird. In einer Rechtsverordnung des BMG sollten zuvor die Anforderungen an diesen Beschluss festgelegt werden. Das wird nun weiter dauern.
Sensible Schnittstelle zwischen Ärzten und Kassen
In der vergangenen Woche hatte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister, erhebliche Zweifel am Nutzen des AIS geäußert. Es gebe noch niemanden, der erklären könne, wie man die komplexen Informationen des G-BA in verwertbare Informationen umwandeln könne, sagte er in einem KV-on-Interview. Zudem befürchtet Hofmeister infolge des AIS eine erhebliche Verschärfung der Regressbedrohung und eine Einschränkung der Therapiefreiheit. „Das sind beides Dinge, die wir ablehnen und für ungeeignet halten“, sagte er.
Auch die Arzneimittelhersteller sorgen sich, dass die Krankenkassen über das AIS einen zu großen Einfluss auf die Therapieentscheidung der Ärzte erhalten. „Es ist kein Zufall, dass die Einflussnahme einzelner Krankenkassen auf Diagnosen der Ärzte aus monetären Gründen immer höhere Wellen schlägt“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (vfa), Birgit Fischer, vor Kurzem vor Journalisten in Berlin. Das AIS betreffe eine sensible Schnittstelle zwischen Krankenkassen und Ärzten. Denn dabei gehe es nicht um Diagnosen, sondern um Therapien.
Fischer sprach sich dafür aus, dass das geplante AIS nicht nur Informationen aus der frühen Nutzenbewertung des G-BA enthält, sondern auch aus anderen Informationsquellen, zum Beispiel aus Leitlinien. „Wir plädieren dafür, den Ärzten selbst die tragende Rolle in der Gestaltung des Arztinformationssystems zu geben“, sagte Fischer. „Sie müssen entscheiden, wie die bestehenden Widersprüche zwischen Zusatznutzenbewertung und Therapieerfordernissen aufgelöst werden, ohne dass die Versorgung der Patienten darunter leidet.“
Ärzte sollen komplette Dokumente anklicken können
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Norbert Gerbsch, präsentierte in der Folge den Vorschlag der Arzneimittelindustrie für ein Arztinformationssystem. „Es braucht ein ehrliches Informationsmodell, das nichts verändert, nichts redigiert und vor allem die Nutzenbewertungsbeschlüsse nicht interessenorientiert in einen Kontext einordnet, ohne dass der Arzt wüsste, welche Werteentscheidungen zugrunde gelegt wurden“, sagte Gerbsch. Die vorhandenen Informationen müssten dem Arzt so neutral präsentiert werden, dass sie seine Verordnungsfreiheit nicht beeinflussen.
Die Pharmaindustrie schlägt vor, dass der Arzt in seiner Praxissoftware direkt weiterführende Informationen wie die frühe Nutzenbewertung des G-BA, die Leitlinien oder die Fachinformation des Arzneimittels anklicken kann. Die Dokumente sollen dem Arzt dann komplett angezeigt werden. Über ein verlinktes Inhaltsverzeichnis sollen die Ärzte zu speziellen Textstellen springen können, zum Beispiel zu einer vom G-BA gebildeten Subgruppe.
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