Ärzteschaft

Ärztliche Weiterbildung soll als „lebende Ordnung“ verbessert werden

  • Freitag, 27. Juni 2025
/mrmohock, stock.adobe.com
/mrmohock, stock.adobe.com

Berlin – Die Ärztliche Weiterbildung ist eine Dauerbaustelle, bei der sich in den vergangenen Jahren zwar schon viel getan hat, es jedoch noch einige Mängel gibt. Dies war das Fazit einer Diskussion mit jungen Ärztinnen und Ärzten auf dem diesjährigen Hauptstadtkongress in Berlin.

Positiv bewerteten die jungen Ärzten die grundlegende Reform der Musterweiterbildungsordnung vor einigen Jahren. Diese sieht grundsätzlich eine Kompetenzorientierung vor anstatt sich wie früher hauptsächlich an Weiterbildungszeiten im stationären Bereich zu orientieren.

„Die Einführung der Kompetenzorientierung der Ärztlichen Weiterbildung war ein Meilenstein, sozusagen ein Game Changer“, sagte Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein und Co-Vorsitzender der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der Bundesärztekammer.

Es habe allerdings fünf Jahre gedauert, bis die letzte Landesärztekammer die Novelle auch umgesetzt habe. Und sicher gebe es auch immer noch einige Probleme, räumte er ein. Viele seien jedoch auch schon gut gelöst worden. Beispielsweise habe das E-Logbuch zur digitalen Dokumentation des Weiterbildungsfortschritts mittlerweile 160.000 Nutzerinnen und Nutzer.

Jetzt käme es darauf an, die Weiterbildung weiterzuentwickeln und zu schärfen, so Herrmann. Sie sei eine „lebende Ordnung“, die immer weiter verbessert werden müsse. „Die Weiterbildungsordnung ist immer noch zu überfrachtet“, sagte er.

„Wir müssen der Frage nachgehen: was braucht eine junge Fachärztin oder ein junger Facharzt, um sich im ambulanten Bereich niederzulassen oder im stationären Bereich einen Rufbereitschaftsdienst zu machen“, erklärte der Kammerpräsident. Komplexere und spezialisierte Kompetenzen könne man auch noch als Fachärztin oder Facharzt erwerben.

„Die Reform der Ärztlichen Weiterbildung war ein Shift, der der Realität deutlich gerechter wird“, stimmte Moritz Völker, Sprecher der jungen Ärzte im Hartmannbund, Herrmann zu.  Es werde aber wohl noch eine Weile dauern, bis die neue Kompetenzorientierung der Weiterbildung in der alltäglichen Praxis zum Tragen komme.

Auf jeden Fall sei jedoch bereits jetzt eine „neue Aufmerksamkeit“ bei den Weiterbildungsbefugten entstanden, berichtete Kahina Toutaoui, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin. In der Allgemeinmedizin gebe es viele „Train-the-Trainer-Seminare“ in den Kompetenzzentren, zu denen die Weiterbildungsbefugten verstärkt hingehen und sich informieren würden. „Ich glaube, das hat tatsächlich dazu geführt, dass sie sich noch mal mehr mit der neuen Weiterbildung auseinandergesetzt haben“, sagte sie.

Ronny Jung vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hob positiv hervor, dass mehr und mehr Weiterbildungsverbünde entstehen würden. „Es hat da ein Umdenken der Weiterbilder eingesetzt“, sagte er. Mittlerweile zeige sich auch ein höherer Zulauf von jungen Ärzten in Weiterbildung in den ambulanten Praxen. Die Weiterbildung im ambulanten Bereich werde attraktiver. „Wir sind da auf einem sehr guten Weg.“

Tobias Henke, noch Medizinstudent und Vizepräsident der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd), hofft, dass sich die Kompetenzorientierung der Weiterbildung in den nächsten Jahren noch weiter ausbauen wird.

Dann könne es auch einer Verknüpfung und Vereinheitlichung von Aus- und Weiterbildung kommen, sagte er. Über die Lernzielkataloge lege man jetzt die Kompetenzen fürs Medizinstudium fest. „In der Weiterbildung können wir dann dort aufsatteln und diese Kompetenzen weiterentwickeln.“

Notwendig seien dafür aber auch andere didaktische Konzepte, betonte Herrmann. „Wir brauchen sogenannte anvertraubare Tätigkeiten“, sagte er. Einige Fachgesellschaften hätten diese bereits definiert. Beispielsweise die Allgemeinmedizin sei da schon sehr weit. „Das müssen wir bei allen Gebieten machen“, erklärte der Kammerpräsident.

Zudem brauche man auch andere Formen der Wissensvermittlung, wie Simulationstraining Skillslabs und andere Prüfungsformen am Ende. Dazu seien auch finanzielle Mittel notwendig. „Der Mehraufwand muss gegenfinanziert werden“, sagte er. „Weiterbildung kann nicht nebenbei erfolgen.“

Zudem sollte man über Mentoringprogramme nachdenken, regte Toutaoui an. Berlin sei da bereits sehr weit. Und: „Wir müssen in den Praxen die Weiterbildung richtig leben“, forderte sie.

Es brauche Studienzeiten und Anleitungszeiten, wo wirklich die Weiterzubildenden von den Weiterbildungsbefugten tatsächlich betreut würden und nicht nur die Sprechstunde alleine machten. In der Allgemeinmedizin habe da größtenteils schon ein Umdenken stattgefunden. „Allerdings haben wir auch einen anderen Betreuungsschlüssel“, räumte sie ein.

Zudem hätte sie als Ärztin in Weiterbildung die Möglichkeit, zu Seminaren in ein Kompetenzzentrum zu gehen oder in eine Mentoringgruppe, wo sie sich austauschen und Stück für Stück lernen könne, wie sie zu der Ärztin werde, die sein möchte, sagte Toutaoui.

Es könnten aber auch die Praxen von den jungen Kolleginnen und Kollegen profitieren, sagte sie. Häufig würde bereits auf Augenhöhe besprochen, was sich aus der Außensicht verändern ließe. „Es kommt frischer Wind in die Praxis“, sagte sie. Man könne auch voneinander lernen.

Bei der stationären Weiterbildung hapere mehr als im ambulanten Bereich, so der Eindruck von Medizinstudent Henke. Ärzte in Weiterbildung an der Klinik würden manchmal neidisch auf Studierende im Praktischen Jahr schauen, die zumindest an einigen strukturierten Lehrveranstaltungen teilnehmen könnten.

„Als junge Generation fordern wir eine strukturierte Weiterbildung ein, auch wenn es vielleicht Anfangskonflikte birgt“, sagte er. „Wir brauchen das, um ein guter Facharzt oder eine gute Fachärztin von morgen zu werden.“

ER

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung