Ärzteschaft

Auch in Deutschland vermehrt invasive Infektionen durch Gruppe-A­-Streptokokken

  • Donnerstag, 22. Dezember 2022
/Dragon Claws, stock.adobe.com
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Berlin – Die Zahl der gemeldeten Infektionen durch Gruppe A-Streptokokken (GAS) nahm in den vergangenen Wochen auch in Deutschland deutlich zu. Das berichtet die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) in einer Stellungnahme und beruft sich dabei auf Angaben des Nationalen Referenzzentrums für Streptokokken (NRZ).

Diagnostiklabore meldeten dem NRZ in den Jahren vor der Pandemie (2018 und 2019) freiwillig etwa 300 invasive GAS-Fälle, teilte der NRZ-Leiter Mark van der Linden dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) auf Nachfrage mit und weiter: „Im ersten Pandemiejahr 2020 sank die Zahl aufgrund der Schutzmaßnahmen dann auf etwa 200, im Jahr 2021 sogar auf gute 100 gemeldete Fälle.“ Dieses Jahr stieg die Zahl der gemeldeten Fälle erstmals wieder an, auf bisher 211.

„Die Zahl der eingesandten Fälle liegt damit noch unter dem Niveau der Vorpandemiejahre“, erläutert van der Linden vom am Institut für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Aachen. Ein überproportionaler Anstieg eines bestimmten Typs der GAS konnte dabei weder im Ausland noch in Deutschland bisher beobachtet werden.

Der NRZ-Leiter stellte in Aussicht, dass die Daten zur Surveillance von Streptokokken demnächst auf der NRZ-Homepage veröffentlicht werden sollen.

„Zudem berichten uns viele Pädiater von einer Zunahme der Scharlachfälle, die ebenfalls von Gruppe-A-Streptokokken verursacht werden, aber vom NRZ nicht erfasst werden“, ergänzt van der Linden. Scharlach werde aktuell jedoch nur in drei Bundesländern erfasst.

Die DGPI hat sich aufgrund der aktuellen Lage entschieden, auf die steigenden Zahlen zu reagieren. Seit dem 19. Dezember hat die Fachgesellschaft ihren COVID-19-Survey in einen compARI-Survey umgestellt. Dieser dient als freiwilliges klinisches Meldesystem für invasive GAS-Infektionen.

Auch retrospektive Meldungen von Fällen, die bereits im Oktober aufgetreten sind, seien möglich und erwünscht. Die stationäre Aufnahme eines Falls kann gemeldet werden, wenn ein gesicherter Nachweis einer invasiven GAS-Infektion vorliegt.

In ihrer Stellungnahme weist die DGPI ausdrücklich auf die Empfehlungen der S3-Leitlinie und des DGPI-Handbuchs zur Antibiotikaverordnung bei Kindern und Jugendlichen mit Halsschmerzen hin.

Pandemiebedingte Immunitätslücke macht sich bemerkbar

Die erheblich erhöhten Krankheitszahlen im Vergleich zu den Pandemiejahren – insbesondere bei nicht-invasiven Infektionen wie Tonsillopharyngitiden – erklären sich die DGPI und van der Linden mit einem Nachholeffekt. Aufgrund der Schutzmaßnahmen während der Pandemie kamen viele Menschen nicht in Kontakt mit typischen respiratorischen Krankheitserregern. Die Inzidenz für GAS-Infektionen sank, weshalb keine ausreichende (Schleimhaut-)Immunität aufgebaut werden konnte, heißt es in der Stellungnahme.

Auch eine aktuelle Studie in Lancet Infectious Diseases (2022; DOI: 10.1016/S1473-3099(22)00763-0) berichtet über die Immunitätslücke durch den Lockdown. Das hat darüber heute berichtet.

gie

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