Augenkrankheit AMD wird von Generation zu Generation deutlich seltener

Madison/Wisconsin – Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD), eine häufige Sehstörung im Alter, wird immer seltener. Nach der Analyse von zwei US-amerikanischen Langzeitstudien in JAMA Ophthalmology (2017; doi: 10.1001/jamaophthalmol.2017.5001) ist die Augenerkrankung seit Mitte des letzten Jahrhunderts mit jeder neuen Generation zu 60 Prozent seltener geworden.
Das staatliche US-National Eye Institute lässt seit 1987 regelmäßig die Augen aller Einwohner ab dem Alter von 43 Jahren in dem Städtchen Beaver Dam im Staat Wisconsin untersuchen, um die Häufigkeit von Augenerkrankungen und möglichen Risikofaktoren zu ermitteln. In den letzten 30 Jahren haben mehr als 4.800 Erwachsene aus 4 Generationen an der „Beaver Dam Eye Study“ und der „Beaver Dam Offspring Study“ teilgenommen. Bei allen wurden Aufnahmen vom Augenhintergrund angefertigt, anhand derer sich die AMD in ihren verschiedenen Stadien und Ausprägungen diagnostizieren lässt. Dabei wurden in den einzelnen Generationen unterschiedliche Prävalenzen registriert.
In den USA unterscheidet man die „Greatest Generation“ (Jahrgänge 1901–1924), die von 2 Weltkriegen und der großen Depression betroffen waren, und die Silent Generation (Jahrgänge 1925–1945), die in der McCarthy-Ära gelernt hatte, ihre Ansichten für sich zu behalten und die sich in erster Linie um ihre Karriere kümmerte. Es folgte die Babyboom-Generation (Jahrgänge 1946–1964), die weitgehend von Katastrophen verschont blieb, als „Hippies“ oder „Yuppies“ neuen Idealen folgte und bisher die wohlhabendste und gesündeste Generation ist. Die Generation X (Jahrgänge 1965–1984) hatte ebenfalls eine sorgenfreie, aber wegen der hohen Scheidungsrate und hohen Beschäftigungsquote in beiden Geschlechtern oft auch elternlose Kindheit.
Die allgemeine Verbesserung der Lebensverhältnisse mit wenigen Schadstoffen in Luft und Wasser, besseren sanitären Verhältnissen, zentral geheizten Wohnungen, dem Schutz vor Infektionen durch Impfungen und Antibiotika und einem verminderten sozialen Stress könnte sich günstig auf die Gesundheit ausgewirkt haben. Bekannt ist, dass die Zahl der kardiovaskulären Erkrankungen und der Demenzen im Alter seit einiger Zeit rückläufig ist.
Die besseren Lebensverhältnisse könnten jedoch auch günstige Auswirkungen auf die Gesundheit der Augen gehabt haben, wie Karen Cruickshanks von der School of Medicine and Public Health in Wisconsin-Madison und Mitarbeiter berichten: Von der „Greatest Generation“ erkrankten 8,8 Prozent an einer AMD, in der „Silent Generation“ waren es 3,0 Prozent, in der „Babyboom-Generation“ nur 1,0 Prozent und die Generation X scheint nur zu 0,3 Prozent von der Erkrankung betroffen zu sein. Von Generation zu Generation ist die AMD um etwa 60 Prozent seltener geworden.
Die Ursachen für diese günstige Entwicklung kann die Studie nicht klären, da sie nur wenige Informationen zu den Lebensumständen der Teilnehmer gesammelt hat. Genetische Ursachen scheiden mangels Migrationsbewegungen im abgelegenen Beaver Dam aus. Ob die Vorliebe vieler Amerikaner zu hochdosierten Vitaminen eine Rolle spielt, ist unklar, zumal die epidemiologischen Ergebnisse, die die Einnahme mit einem verminderten AMD-Risiko in Verbindung gebracht haben, nicht eindeutig sind.
Es bleibt möglich, dass unscheinbare Veränderungen, etwa die Verbesserung der Zahngesundheit, eine Rolle spielen (neue Studien sehen einen Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom in der Mundhöhle und der Alzheimerprävalenz, die aber sehr spekulativ ist).
Entsprechende Untersuchungen zu Deutschland liegen nicht vor. Das European-Eye-Epidemiology-(E3-)Konsortium, das aber einen wesentlich kleineren Zeitraum überblickt, berichtete kürzlich, dass die Prävalenz der AMD vor allem in den Spätstadien seit 2006 rückläufig ist (Ophthalmology 2017; 124: 1753–1763).
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