Berliner Notdienstpraxis soll Rettungsstelle Arbeit abnehmen

Berlin – Die neue Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KVB) hat in Räumen der Rettungsstelle des Charité Campus Benjamin Franklin am vergangenen Wochenende bereits fast 60 Patienten versorgt. An dem neuen Standort sollen so zukünftig Wartezeiten verkürzt und Patienten an die geeignete Versorgung verwiesen werden, sagten Vertreter der KVB und der Charité heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.
„Damit jeder Patient genau die medizinische Versorgung bekommt, die er braucht, ist es sinnvoll, die ambulanten und stationären Strukturen gut miteinander zu vernetzen“, sagte Ulrich Frei, Charité-Vorstand der Krankenversorgung.
Er betonte, dass sich die Abläufe der Notdienstpraxis nicht wesentlich von denen der integrierten Notfallzentren, wie sie im aktuellen Gesetzesentwurf zur Verbesserung der Notfallversorgung des Bundesgesundheitsministeriums vorgesehen sind, unterscheiden.
Hauptsächlich sei der Entwurf eine „Girlande an Regulationen“, die eine weitere Kooperation der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenhäusern erfordere. „Die KV soll eigentlich die 24-7-Versorgung übernehmen und dann wird sich ganz schnell und auf der Stelle herausstellen, dass sie das nicht kann“, kommentierte Frei. Dann sei sie auf die Zusammenarbeit mit den Kliniken angewiesen.
Mit Blick auf den Gesetzesentwurf zur Notfallversorgung sprach sich Burkhard Ruppert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVB, für eine Zentralisierung der Notfallbehandlung aus. Unter 38 Rettungsstellen in Berlin sei das hier angewandte Konzept „ein gutes Beispiel für sektorübergreifende Versorgung unter Erhalt der bestehenden Strukturen“, erklärte Ruppert.
Die Notdienstpraxen werden „zur Entlastung der Notaufnahme beitragen“, sagte er weiter. Das habe sich bereits bei den bestehenden neun Notdienstpraxen gezeigt. Die Notdienstpraxis am Benjamin Franklin Krankenhaus im Süden Berlins ist berlinweit die fünfte für Erwachsene, vier Praxen versorgen ausschließlich Kinder. Im Sommer sollen zwei weitere – je eine für Erwachsene und Kinder – ihren Dienst beginnen.
Eine Praxis in der Rettungsstelle
Am zentralen Tresen der Notaufnahme sollen Hilfesuchende zunächst wie bisher triagiert werden. Im Anschluss wird entschieden, ob sie in die Warteliste der Notaufnahme oder in die der ambulanten Notdienstpraxis eingetragen werden, erklärte Rajan Somasundaram, Ärztlicher Leiter der zentralen Notaufnahme am Campus Benjamin Franklin.
In zwei nebeneinanderliegenden Räumen der Charité Rettungsstelle werde zukünftig ein Allgemeinmediziner an Wochenenden und Feiertagen jene Patienten versorgen, die aufgrund kleinerer oder weniger bedrohlicher Erkrankungen die Rettungsstelle aufsuchen.
Unterstützung sollen die Ärzte von einer Medizinischen Fachangestellten (MFA) erhalten, die Vor- und Nachbereitung der Patienten, assistierende Aufgaben sowie die Dokumentation übernimmt. So hätte der Arzt mehr Zeit für die Patienten und sei weniger an Bürokratie gebunden, meinte KV-Vize Ruppert.
Niedergelassene Fachärzte der Allgemeinmedizin sollen in dem in Berlin freiwilligen Bereitschaftsdienst am Wochenende die ambulante Versorgung in der Klinik bereitstellen. Ob man so die Rettungsstellen entlasten können wird, bleibe abzuwarten, meinte Charité-Professor Somasundaram. Kurzfristig erwartet er einen Zuwachs der Patientenzahlen.
Dies sei auch ausdrücklich erwünscht, ergänzte KVB-Vorstand Ruppert. „In den nächsten drei bis fünf Jahren werden wir rund 800 Hausärzte weniger haben“, erklärte er weiter. Jährlich kämen circa 20 neue hausärztliche Niederlassungen dazu. Dass das nicht reiche, sei absehbar.
Bei aktuell um die 2.300 niedergelassenen Allgemeinmedizinern in Berlin sieht Ruppert eine große Aufgabe für die Versorgungssicherung der nächsten Jahre auf die KV zukommen.
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