Politik

Berufsverband für Erstzugang zur Psychotherapie und zentrale Steuerung von Therapieplätzen

  • Montag, 10. November 2025
/Paolese, stock.adobe.com
/Paolese, stock.adobe.com

Berlin – Die Bundesregierung plant ein Primärarztsystem, um künftig die Versorgung zu steuern. Das könnte den direkten Zugang zu manchen Facharztgruppen und der Psychotherapie einschränken. Im Petitionsausschuss des Bundestages wurde heute der Erhalt des freien Zugangs zur Psychotherapie gefordert.

„Psychotherapie ist für Patientinnen und Patienten ein ebenso intimes Gebiet wie die Gynäkologie für Frauen. Zudem würde beim Zugang über den Hausarzt oder den Kinderarzt ein zusätzlicher Flaschenhals geschaffen“, sagte Dieter Adler, Vorstandvorsitzender des Deutschen Psychotherapeuten Netzwerkes (DPNW), der die Petition gestartet hatte, in der Anhörung heute.

Dies würde zudem „die ohnehin schon schwierige Situation für psychisch kranke Menschen mit langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz noch weiter verschlechtern“.

Adler, selbst Psychotherapeut, betonte, das Primärarztsystem sei zwar prinzipiell eine gute Möglichkeit, die Kosten im Gesundheitswesen einzudämmen. „Doch jeder, der Hilfe bei uns sucht, sollte diese auch ohne Zustimmung des Haus- oder Kinderarztes bekommen können.“

Bisher dürfen Versicherte eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten selbstständig aufsuchen. Eine Überweisung oder ein vorheriger Facharztbesuch sind nicht erforderlich.

Wird das im Koalitionsvertrag vorgesehene verbindliche Primärarztsystem in der bislang vorgesehenen Form umgesetzt, müssten Patienten zunächst einen Haus- oder Kinderarzt aufsuchen, der dann in den fachärztlichen Bereich überweisen kann. Ausnahmen sollen bei der Augenheilkunde und der Gynäkologie gelten.

Der Petent verwies weiter auf eine Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), nach der 94 Prozent der Bevölkerung sich für einen Direktzugang zum Psychotherapeuten aussprachen. Die BPtK fordert auch den Erstzugang zur Psychotherapie, ebenso wie die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Eine „Gatekeeperfunktion“ könnten Psychotherapeuten im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde selbst erfüllen, betonte Adler.

Von den Bundestagsabgeordneten gefragt, wie denn eine bessere Steuerung der Psychotherapieplätze aussehen könnte, sagte Adler: „Sinnvoll wäre etwa eine zentrale Warteliste oder Sammelstelle, damit Hilfesuchende nicht 20 bis 30 Therapeuten abtelefonieren müssen, um nach einem Therapieplatz zu fragen.“ Für Menschen mit schweren Depressionen, gering literalisierte Personen oder stotternde Personen seien solche Telefonaktionen nahezu unmöglich.

Eine solche Steuerung von Therapieplätzen sollte nach Ansicht des DPNW-Vorsitzenden nicht über die Kassenärztlichen Vereinigungen organisiert werden, sondern innerhalb der Psychotherapeutenschaft. Ansonsten sei die Mitwirkung der Psychotherapeuten nicht gewährleistet. Sein Verband arbeite zurzeit an einem Modell.

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Georg Kippels, wies in der Anhörung mehrfach darauf hin, dass das Primärarztsystem zurzeit „noch im Stadium einer Konzeptidee“ sei, er also keine Details besprechen könne. Grundsätzlich könne es aber auch für die Psychotherapie als „Regelausschlusssystem“ ausgestaltet werden, wie bereits geplant für die Gynäkologie und die Augenheilkunde.

Die Petition mit dem Titel „Erhalt des freien Zugangs zur Psychotherapie“ hat mehr als 37.000 Mitzeichnungen auf der Petitionsplattform des Bundestages erreicht.

PB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung