Beschlussvorlage für Bund-Länder-Gespräche sieht Milliardenhilfe für Krankenhäuser vor

Berlin – Stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen sollen Milliardenhilfen wegen der Gas- und Strompreise über eine spezielle Härtefallregelung erhalten. Das geht aus einer Beschlussvorlage für die heutigen Beratungen der Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hervor.
Darin sind insgesamt Mittel in Höhe von zwölf Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungfonds vorgesehen. Bis zu acht Milliarden davon sollen für Krankenhäuser, Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen bereitstehen.
Auch wenn Krankenhäuser, Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen ebenfalls von der Gas- und Strompreisbremse profitierten, seien sie „in besonders hohem Maße belastet und nicht immer und umfassend in der Lage, Energiekosten durch einen geringeren Verbrauch oder mehr Energieeffizienz schnell zu reduzieren“, heißt es in der Beschlussvorlage, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte gestern Abend erneut Hilfen für Krankenhäuser in Aussicht gestellt. Heute werde eine Lösung vorgestellt, kündigte der SPD-Politiker gestern Abend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ an. „Das wird so laufen, dass wir da aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds Geld zur Verfügung stellen – bis zu acht Milliarden Euro“, erläuterte Lauterbach.
Er versicherte: „Kein Krankenhaus wird ein Problem bekommen, weil es Inflation nicht bezahlen kann, den Strom nicht bezahlen kann oder das Gas nicht bezahlen kann.“ Die Krankenhäuser würden auch von der geplanten Gaspreisbremse und der Strompreisbremse geschützt, erläuterte Lauterbach – „aber nicht nur“. „So dass wir halt sicherstellen, dass die Krankenhäuser durch Inflation, Strom- und Gaspreise nicht in Liquiditätsprobleme kommen.“
„Wir haben dran am Wochenende gearbeitet, und wir haben eine Lösung“, sagte Lauterbach. Es habe eine gute Zusammenarbeit mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gegeben. „Wir haben uns einfach vorgenommen: In dieser Energiekrise wird kein Krankenhaus darunter so leiden müssen, dass es da ein Problem gibt.“
Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds ist mit bis zu 200 Milliarden Euro ausgestattet worden – mit diesem schuldenfinanzierten „Abwehrschirm“ sollen die Folgen der hohen Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen abgefedert werden. Daraus soll etwa die geplante Gaspreisbremse finanziert werden.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte wiederholt vor den Folgen der dramatisch gestiegenen Energiepreise für die Kliniken gewarnt und einen schnellen Inflationsausgleich gefordert. Ansonsten drohe ein „Winter der Krankenhausinsolvenzen“.
Diese Forderung erneuerte Vorstandschef Gerald Gaß mit Blick auf die Beratungen der Länderregierungschefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Die Ministerpräsidentenkonferenz müsse „Verlässlichkeit und Klarheit bringen“, sagte Gaß der Rheinischen Post. „Krankenhäuser stehen seit Monaten finanziell mit dem Rücken zur Wand.“
Die DKG mahnte heute an, es müsse nun alles getan werden, damit die zugesagten Finanzmittel schnellstmöglich bei den Kliniken ankommen. Das Auszahlungsverfahren müsse so gestaltet sein, dass spätestens im Januar Geld fließe und die Liquiditätsengpässe der Krankenhäuser reduziert würden.
„Aktuell müssen zahlreiche Krankenhäuser Überbrückungskredite in Anspruch nehmen, um Löhne und Gehälter sowie Rechnungen fristgerecht bezahlen zu können. Wir vertrauen darauf, dass auf die Worte Taten folgen“, sagte Gaß.
Arztpraxen sind weiterhin nicht explizit erwähnt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte wie auch die Bundesärztekammer (BÄK) immer wieder auch Unterstützung für die Niedergelassenen angemahnt.
Auch heute warnte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt, der zugleich BÄK-Präsident ist, davor, die Niedergelassenen zu vergessen. „Es ist ganz sicher richtig, den Kliniken mit Blick auf Energiekosten und galoppierende Inflation jetzt schnell und mit Augenmaß unter die Arme zu greifen. Aber was ist mit den zehntausenden Praxen, die unter denselben Belastungen leiden? Auch die brauchen Hilfe!“, sagte Reinhardt.
Die Niedergelassenen und ihre Praxisteams gingen bei der Versorgung ihrer Patienten immer häufiger an ihre Belastungsgrenze und seien damit Garanten für ein flächendeckendes gut funktionierendes Gesundheitswesen. Vor diesem Hintergrund sei es vollkommen unverständlich, warum die niedergelassenen Ärzte bei den Plänen der Bundesregierung zur Begrenzung der Energiekosten übergangen werden sollten.
Reinhardt betonte, durch den Tunnelblick mit Ausgrenzung der ambulanten Strukturen drohten im schlimmsten Fall Einschränkungen bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung.
„Trotz Strom- und Gaspreisbremse stehen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte insbesondere aus den Hochenergiefächern vor einer ähnlichen Situation wie die Krankenhäuser. Für sie muss es daher auch entsprechende Hilfsprogramme geben“, erklärten die KBV-Vorstände Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Thomas Kriedel.
„Im Beschlussvorschlag des Bundeskanzleramts werden die Praxen mit keinem Wort erwähnt“, monierte Hofmeister. Er sprach von einem fatalen Signal. Explodierende Energiepreise könnten dazu führen, dass Praxen für Leistungen draufzahlen und sie folglich nicht mehr erbringen könnten, sagte Gassen. Deshalb sei eine Unterstützung der Politik so wichtig.
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin warf Lauterbach und der Ampelkoalition vor, ihre „arztfeindliche Politik“ fortzusetzen. Man fordere eine Gleichbehandlung mit den Krankenhäusern.
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