Bewegung als Prävention funktioniert nur bei enger Verankerung im Alltag

Baierbrunn – Bewegungsprogramme zur Prävention müssen deutlicher als bislang die individuellen Lebenswelten der Menschen einbeziehen. Das haben Mediziner und Sportwissenschaftler auf dem Präventionssymposium „Wie kann Bewegungsförderung gelingen?“ Mitte März in Baierbrunn gefordert. An dem Treffen nahmen Experten verschiedener deutscher Universitäten sowie Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums und des Berliner Robert-Koch-Instituts teil. Eingeladen hatte die Stiftung Rufzeichen Gesundheit.
Das Treffen widmete sich besonders dem sogenannten Präventionsdilemma: Während Menschen mit höherer Bildung häufig bereits von sich aus nach Feierabend Sport treiben und somit wenig Bedarf an zusätzlicher Prävention haben, erreichten die Maßnahmen oft diejenigen nicht, die sie besonders nötig hätten, nämlich Menschen mit tendenziell niedrigerem Sozialstatus.
Am wichtigsten aber ist laut den Experten, dass die körperliche Aktivität in alle Lebenswelten einzieht. Gesine Grande, Rektorin der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, betonte, dass verhältnis- und verhaltensbezogene Ansätze sich ergänzen müssten. Das beginne schon im Quartier: Attraktive Treppen, breite Gehwege mit Geschäften und sichere Radwege könnten Anreize für mehr Bewegung sein. Wichtig sei, die Menschen in die Projekte einzubeziehen.
Die Teilnehmer der Konferenz fassten ihre Diskussionsergebnisse in zehn Thesen:
Die Förderung von Bewegung und Sport ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe! Deshalb müssen Entscheider aus den verschiedensten Bereichen zusammenwirken.
Strategien zur Veränderung der körperlichen Aktivität müssen in den alltäglichen Lebenswelten wie Familie, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen, Arbeit und Kommune verankert werden. Nur so erreichen wir auch die Einbindung sozial und gesundheitlich Benachteiligter, uninteressierter oder bewegungsferner Menschen.
Eine systematisch auf Gesundheit abzielende Bewegungsförderung dient sowohl der Minimierung gesundheitlicher Risiken als auch der Stärkung des gesundheitlichen Wohlbefindens. Denn: Nicht jede Bewegung ist gleichermaßen gesund.
Bewegungsförderung braucht Vernetzung.
Es gilt, die Bewegungsförderung mit nachhaltigen Strategien langfristig in den Lebenswelten zu verankern und dauerhafte Strukturen zu schaffen. Das ist zunächst ressourcen- und zeitintensiv, zahlt sich aber mittel- und langfristig aus.
Verhältnis- und verhaltensbezogene Ansätze müssen sich ergänzen. Für mehr Bewegung in der Lebenswelt müssen wir die Bedingungen, Strukturen und Prozesse so gestalten, dass sie ein Mehr an Bewegungsverhalten ermöglichen.
Stärker als bisher sollte die Bewegungsförderung mit differenzierten Strategien auf die Ziele und die Bedürfnisse besonderer Zielgruppen abgestimmt sein.
Konzepte sollten partizipativ sein und Selbstbefähigung fördern.
Für eine effektive Bewegungsförderung – auch bei bisher schwer erreichbaren Zielgruppen – bieten neue Medien und Technologien potenziell Chancen. Allerdings bedarf es der Entwicklung von Qualitätsstandards der angebotenen Maßnahmen.
Qualitätssicherung ist unverzichtbar. Maßnahmen zur Bewegungsförderung müssen an wissenschaftlich abgesicherten Zielen und Qualitätskriterien orientiert sein, bedürfen einer kontinuierlichen Evaluation und einer permanenten Weiterentwicklung.
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