Medizin

BfArM: Vorsicht mit Codein bei Kindern

  • Freitag, 12. Juli 2013

Bonn – Bei der Schmerztherapie mit Codein kann es aufgrund der nicht vorhersehbaren Aktivierung in der Leber schnell zu einer Überdosierung kommen, die vor allem für Kinder schnell lebensgefährlich wird. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin­produkte (BfArM) weist deshalb auf einige Vorsichtsmaßnahmen hin, die der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der European Medicines Agency kürzlich festgelegt hatte.

Codein ist ein Prodrug, das in der Leber über das Cytochrom-P450-Enzym CYP2D6 zum aktiven Metaboliten Morphin umgesetzt wird. Das Gen für CYP2D6 ist bei einigen Menschen europäischer Herkunft auf den Chromosomen mehrfach vorhanden. Sie werden dadurch zu „Ultra-rapid“-Metabolisierern, bei denen es bereits nach der einmaligen Gabe von Codein zu toxischen Morphin-Spiegeln kommen kann.

In der Vergangenheit sind mehrere tödliche oder lebensbedrohliche Morphinin­toxika­tionen bei Kindern bekannt geworden, denen Codein für die Kontrolle von Schmerzen nach Operationen (Adenoidektomie/Tonsillektomie) zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe verabreicht wurde. Vorhersehbar sei dies im Einzelfall nicht, warnt das BfARM, einen Schnelltest zur Diagnose der genetischen Disposition gebe es nicht. Das BfARM schließt sich deshalb den Empfehlungen der PRAC zur Minimierung des Risikos an.

Kinder, die älter als 12 Jahre sind, sollten Codein zur Behandlung von akuten moderaten Schmerzen nur dann erhalten, wenn von anderen Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen keine Linderung zu erwarten ist.

Bei pädiatrischen Patienten (bis 18 Jahre), die einer Tonsillektomie und/oder Adenoidek­tomie zur Behandlung des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms unterzogen werden, ist Codein kontraindiziert. Das gleiche gilt für alle bekannten ultra-schnellen CYP2D6-Metabolisierer.

Dann wird Codein nicht zur Anwendung bei Kindern empfohlen, deren Atmung beeinträchtigt sein kann, einschließlich Kindern mit neuromuskulären Störungen, schweren Herz- oder Atemwegserkrankungen, oberen Atemwegs- oder Lungen­infektionen, multiplen Traumata oder ausgedehnten chirurgischen Eingriffen. Auch stillende Frauen dürfen kein Codein erhalten, da sie Morphin über die Muttermilch an ihr Kind weitergeben können.

In allen anderen Fällen sollte Codein in der niedrigsten wirksamen Dosierung und für die kürzest mögliche Behandlungsdauer angewendet werden. Die Einnahme sollte nicht häufiger als viermal am Tag in Abständen von mindestens 6 Stunden erfolgen. Die maximale Tagesdosis sollte 240 mg nicht überschreiten. Die Anwendung sollte auf 3 Tage begrenzt werden, und wenn keine wirksame Schmerzlinderung erreicht werden kann, sollten die Patienten oder Eltern den Rat eines Arztes einholen.

Die Ärzte sollten die Eltern und Kinder auf das Risiko und die Symptome einer Codeinintoxikation hinwiesen, die da sind: Bewusstseinsstörungen, Appetitlosigkeit, Schläfrigkeit, Verstopfung, Atemdepression, „Stecknadelkopf“-Pupillen, Übelkeit und Erbrechen.

rme

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