Medizin

Blasenkrebs: Chemotherapeutikum Gemcitabin reduziert nach Operation Rezidivrisiko

  • Mittwoch, 17. Mai 2017
Blase und Nieren /stock.adobe.com_lom123
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Boston – Entgegen bisheriger Studienergebnisse könnten Patienten mit nicht muskel­invasivem Harnblasenkarzinom (NMIBC) von einer einmaligen postoperativen intra­vesikalen Instillation von Gemcitabin profitieren. Forscher um Edward Messing von der Southwest Oncology Group, die Teil des National Cancer Institutes ist, präsentierten ihre Ergebnisse beim jährlichen Meeting der American Urological Association in Boston.

Mehr als 400 NMIBC-Patienten nahmen an der Studie teil. Davon erhielt ein Teil direkt nach der transurethralen Resek­tion des Blasentumors (TURBT) eine intravesikale Instillation von Gemcitabin, die eine Stunde in der Blase wirken konnte. Die Kontrollgruppe erhielt eine Salzlösungs-Instillation. Der Unterschied nach vier Jahren Beobachtungszeitraum war eindeutig, berichteten die Forscher auf dem Kongress. 

Bei den Patienten in der Gemcitabin-Gruppe reduzierte sich das Risiko eines Tumor­rezidivs um 34 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Forscher um Messing berichteten aber auch, dass die mit Gemcitabin behandelten Krebspatienten stärkere postoperative Schmerzen hatten. Hingegen hatten sie aber seltener als die Vergleichs­gruppe Nebenwirkungen wie etwa Blutungen. Messing hofft nun, dass sich die einmalige postoperative Instillation von Gemcitabin als Standard durchsetzt und so weniger TURBT aufgrund von Rezidiven durchgeführt werden müssen. „Ich habe Patienten, bei denen wir aus diesem Grund bis zu vier TURBT-Prozeduren pro Jahr durchführen“, sagte Messing.

Friedemann Zengerling von der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Universitäts­klinikum Ulm überraschen die positiven Ergebnisse nach Resektion eines low-grade Harnblasentumors. Denn die vorab bekannt gewordenen Resultate stünden im Wider­spruch sowohl zu einem in 2012 publizierten Cochrane-Review als auch zu der deut­schen AUO-Studie AB 26/03 aus dem Jahr 2009, welche ein nahezu identisches Studiendesign zur aktuell vorgestellten Studie hatte. „Sie ergab bei nur etwas geringerer Patientenzahl von 355 interessanterweise keinen Unterschied im rezidivfreien Überleben zwischen einer Gemcitabin-Instillation und einer Placebobehandlung.“

Auch Laura-Maria Krabbe von der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Münster hatte im Jahr 2015 eine Studie kommentiert, die sechs randomisierte Studien zu diesem Thema ausgewertet hatte. Zwar konnte bei Gemcitabin eine antitumorale Wirkung bei NMIBC-Patienten nachgewiesen werden, eine Einzeldosis unmittelbar nach der Opera­tion erschien nach der damaligen Datenlage nicht wirksam. Bei Patienten mit modera­tem Risiko hatte Gemcitabin eine vergleichbare Wirkung wie eine Therapie mit intra­vesikalem Bacillus Calmette-Guérin (BCG), bei Hochrisikopatienten war Gemcitabin BCG unterlegen. 

Zeitpunkt und Dauer der Instillation könnte entscheidend sein

Die unterschiedlichen Studienergebnisse erklärt Zengerling wie folgt: „Die deutsche Studie erlaubte auch high-grade (G3) Urothelkarzinome. Der geringe Anteil an G3-Tumoren (10,9 Prozent) und die veröffentlichte Subgruppenanalyse sprechen jedoch gegen ein unterschiedliches Tumorgrading als den entscheidenden Faktor,“ erklärt Zengerling von UroEvidence@Deutsche Gesellschaft für Urologie. Wie schon von anderen Autoren postuliert, könnte die längere Instillationsdauer von 60 Minuten versus 30 bis 40 Minuten in der AUO-Studie oder auch eine sofortige Instillation die entschei­dende Rolle für die Wirksamkeit der Gemcitabin-Therapie spielen.

Zur eindeutigen Klärung, inwiefern die Instillationsdauer von Gemcitabin einen Einfluss auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen hat, bedarf es einer weiteren prospektiven rando­misierten Vergleichsstudie. Außerdem sollte bei Patienten mit low-grade Harnblasen­tumor die Wirksamkeit von Gemcitabin im Vergleich zu bereits etablierten Medikamen­ten wie Mitomycin C geprüft werden, sagt Zengerling auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes.

gie

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