Ausland

Bombardierte Klinik in Kundus wieder eröffnet

  • Montag, 24. Juli 2017
/Ärzte ohne Grenzen, dpa
Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Kundus wurde im Oktober 2015 teilweise zerstört. /Ärzte ohne Grenzen, dpa

Kundus – Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat im nordafghanischen Kundus ein bei einem US-Luftangriff vor knapp zwei Jahren zerstörtes Krankenhaus wieder eröffnet. Wie die Organisation mitteilte, arbeiten in der Einrichtung an einem neuen Standort ein Arzt und fünf Krankenschwestern. Behandelt werden sollen Patienten mit kleineren oder chronischen Wunden.

Die MSF-Programmleiterin für Afghanistan, Silvia Dallatomasina, sagte, die Wiedereröffnung sei beschlossen worden, weil es dringenden Bedarf gebe. „Diese Klinik ist der erste Schritt“, sagte sie. Ärzte ohne Grenzen hoffe, demnächst die Arbeit an einem neuen Traumazentrum in Kundus aufnehmen zu können. „Wir wissen, wie groß der Bedarf dort ist.“ Das könne möglicherweise schon 2018 geschehen – „aber nicht, bevor wir nicht mit allen Konfliktparteien über unsere Arbeit und ethischen Prinzipien einig sind.“

Ärzte ohne Grenzen habe seit dem Bombardement der US-Luftwaffe im Oktober 2015 rund 100 Treffen in Kundus, Kabul und den USA gehabt, betonte Dallatomasina. Ziel sei gewesen, Garantien von den Taliban, der afghanischen Regierung und den internationalen Streitkräfte zu erhalten, dass die Organisation Verletzte aller Seiten behandeln könne, ohne angegriffen zu werden.

Die Klinik war bombardiert worden, weil die US-Luftwaffe sie – möglicherweise auf absichtlich falsche Weisung des afghanischen Militärs hin – für eine Talibanstellung gehalten hatte. Bei dem Angriff Anfang Oktober 2015 waren 42 Menschen getötet worden, darunter 24 Patienten und 14 MSF-Mitarbeiter. In einem US-Untersuchungsbericht zu dem Vorfall wird in erster Linie „menschliches Versagen“ als Grund angegeben. Eigentlich hätte ein hunderte Meter entferntes Gebäude bombardiert werden sollen, in dem verfeindete Kämpfer vermutet wurden, hieß es.

Ärzte ohne Grenzen sprach stattdessen von einem Kriegsverbrechen. Nach MSF-Angaben wurden in der Klinik zum Zeitpunkt des Angriffs 105 Patienten behandelt, darunter verletzte Kämpfer der radikalislamischen Taliban, aber auch Frauen und Kinder. Auf dem Krankenhausgelände seien weder bewaffnete Kämpfer gewesen, noch habe es dort Kampfhandlungen gegeben.

Kundus ist mit Helmand, Baghlan und Urusgan eine der am schwersten umkämpften Provinzen des Landes. Die US- und die afghanische Luftwaffe fliegen weiter viele Luftangriffe auf Talibanstellungen.

afp/dpa

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