Ausland

Krankenhaus-Angriff: Erster Schritt für internationale Untersuchung

  • Mittwoch, 14. Oktober 2015

Genf – Fast zwei Wochen nach dem Luftangriff auf ein Krankenhaus der Hilfsor­ga­nisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) im nordafghanischen Kundus ist der erste Schritt für eine unabhängige internationale Untersuchung getan. Die Internationale Humanitäre Ermittlungskommission (IHFFC) in Bern erklärte am Mittwoch, sei sei zu einer von MSF beantragten Untersuchung des Vorfalls bereit. Vor der Aufnahme der Ermittlungen sei aber die Zustimmung der betroffenen Staaten nötig – und die stehe noch aus.

Nach Angaben von IHFFC-Vizepräsident Thilo Marauhn wurden die USA und Afgha­nistan angeschrieben und um Zustimmung zu einer Untersuchung gebeten. Es habe aber noch keine Antwort gegeben.

Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Kundus war am 3. Oktober bei einem US-Luftangriff zerstört worden. Dabei wurden nach neuen Angaben von MSF mindestens 24 Menschen getötet, 14 MSF-Mitarbeiter und zehn Patienten. Nach dem Angriff war zunächst von 22 Toten die Rede gewesen. Mittlerweile wurden zwei weitere Ärzte für tot erklärt, wie MSF am Mittwoch mitteilte. Von neun Patienten fehle zudem immer noch jede Spur.

Zu dem Beschuss laufen bereits drei Untersuchungen - eine der US-Armee, eine der afghanischen Behörden und eine der Nato. MSF-Präsidentin Joanne Liu forderte in einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama jedoch noch eine weitere Untersuchung durch eine unabhängige Kommission. Sie hat nach eigenen Angaben "kein Vertrauen in eine interne militärische Untersuchung".

Die IHFFC (International Humanitarian Fact-Finding Commission) wurde auf der Grundlage eines Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen eingerichtet, um unabhängig Verletzungen des humanitären Völkerrechts im Kriegsfall zu untersuchen. Sie existiert bereits seit 1997, bislang ist es aber noch nie zu einer Untersuchung gekommen.

Ärzte ohne Grenzen habe nach dem Beschuss „Entschuldigungen und Beileidsbe­kundungen erhalten", aber das sei nicht genug, erklärte MSF-Präsidentin Liu am Mittwoch. „Wir tappen noch immer im Dunkeln, warum ein bekanntes Krankenhaus voller Patienten und Personal über eine Stunde lang wiederholt bombardiert wurde." Die Organisation müsse wissen, "was passiert ist und warum".

Nach Angaben von MSF war die Lage des Krankenhauses in Kundus allen Konflikt­parteien bekannt. Die afghanischen und die US-Streitkräfte waren demnach über die GPS-Koordinaten des Krankenhauses informiert, das seit vier Jahren in Betrieb war. Es handelte sich um die einzige Klinik im Nordosten Afghanistans, die schwere Kriegs­verletzungen behandeln konnte.

afp

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