Brustkrebsfrüherkennung: Unterschiedliche Auffassungen zum Nutzen des Ultraschalls

Essen/Berlin – Der sogenannte Igel-Monitor beurteilt den Nutzen von Ultraschalluntersuchungen bei der Früherkennung von Brustkrebs weiterhin mit „unklar“. „Wissenschaftler des IGeL-Monitors wollten wissen, ob der Ultraschall Frauen, die kein erhöhtes Brustkrebsrisiko haben, davor bewahren kann, an Brustkrebs zu sterben. Sie fanden keine Studien, die diese Frage untersucht haben. Man weiß also nicht, ob der Ultraschall unter diesen Umständen einen Nutzen hat. Ähnliches gilt für den Schaden. Die Gesamtbewertung ist demnach ‚unklar‘“, lautet die Kurzzusammenfassung ihres neuen Berichtes.
Der Igel-Monitor ist ein Angebot des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes (MDS).
Brustkrebs ist die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen und die fünfthäufigste Todesursache. Zur Früherkennung von Brustkrebs wurde in Deutschland im Jahr 2009 das Programm zum Mammografiescreening eingeführt. Seitdem hat jede Frau zwischen 50 und 69 alle zwei Jahre Anspruch auf eine Mammografieuntersuchung in spezialisierten Zentren. Außerdem kann jede Frau ab 30 ihre Brust bei der jährlich angebotenen Frauenarztuntersuchung abtasten und sich über die Selbstbeobachtung informieren lassen. Darüber hinaus kommen auch andere Verfahren zur Früherkennung von Brustkrebs zum Einsatz, wie der Ultraschall und die Magnetresonanztomografie (MRT).
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) fordert dagegen, dass die Brustuntersuchung per Ultraschall schon bei Routineuntersuchungen zur Früherkennung von Krebs standardmäßig zum Einsatz kommen sollte. Denn mit der Röntgenuntersuchung der Brust sei ein Großteil der Mammakarzinome häufig nicht eindeutig zu identifizieren. „Mit einem ergänzenden Ultraschall entdecken Ärzte bis zu 45 Prozent mehr invasive Karzinome“, teilt die Fachgesellschaft Ende Mai mit. Sie verweist in diesem Zusammenhang auch auf die S3-Leitlinie zum Thema.
Die Wissenschaftler des Igel-Monitors werfen der DEGUM dagegen vor, sie berücksichtige mögliche Schäden durch Fehlalarme und Überdiagnosen nicht. „So geht die DEGUM mit ihrer Forderung weit über die Empfehlung der Leitlinie hinaus“, kritisieren sie.
Die entsprechende Passage findet sich auf Seite 50 der „Interdisziplinären S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms“. „Im Rahmen der komplementären ergänzenden Diagnostik kann der Einsatz der Sonografie zu einer Sensitivitätserhöhung führen, insbesondere bei Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko, < 50 Jahre und bei dichtem Drüsengewebe. Allerdings zeigen alle bisherigen systematischen Reviews und Metaanalysen eine erhöhte Falsch-positiv-Rate, damit vermehrte Kontrolluntersuchungen und eine sehr deutliche Erhöhung der Biopsierate“, heißt es dort.
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