Bund reagiert verhalten auf Laschets Vorschlag für vorgezogene Coronarunde

Berlin – CDU-Chef Armin Laschet hat mit seinem Vorstoß, schnell einen harten „Brückenlockdown“ für Deutschland zu beschließen, ein geteiltes Echo ausgelöst. Laschet hatte vorgeschlagen, die bislang für den 12. April geplanten Beratungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf diese Woche vorzuziehen. Dabei müsse dann ein harter Lockdown beschlossen werden, um die Infektionszahlen zu drücken, sagte er.
Die Lage erfordere es, „dass wir noch mal in vielen Bereichen nachlegen“, sagte der CDU-Vorsitzende. Er sei sich bei seiner Einschätzung der Lage mit vielen Länderchefs, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgsundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) einig. Die Bundesregierung hat sich heute dann allerdings zurückhaltend geäußert. Der Bund stehe „immer bereit für gemeinsame Beratungen“, erklärte ein Regierungssprecher in Berlin. „Voraussetzung ist, dass diese gut vorbereitet sind."
Heute präzisierte Laschet, ein solcher „Brückenlockdown“ sollte „zwei bis drei Wochen“ dauern. Jetzt sei absehbar, „dass schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft ist“, sagte der CDU-Chef im ZDF-„Morgenmagazin“. Wissenschaftler würden nun empfehlen, diese Zeit zu überbrücken und das öffentliche Leben bis dahin zu reduzieren. Jetzt gehe es darum, „genau in diesem letzten Stück der Pandemie noch einmal herunterzugehen“.
Im Kreis seiner Länderkollegen löste Laschets Vorstoß Erstaunen aus. Der Vorschlag werfe viele Fragen auf, sagte Berlins Regierungschef Müller dem ARD-Hauptstadtstudio. „Ein Brückenlockdown für eine Übergangszeit und dann mit welchen Maßnahmen? Und das soll so lange gelten, bis viele Menschen geimpft sind. Was heißt das alles?“ Er glaube, Laschet habe viele Überlegungen noch nicht abgeschlossen, sagte Müller, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist. Insofern mache eine vorzeitige Konferenz jetzt auch keinen Sinn.
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil meldete „erhebliche Zweifel“ an. Der Vorschlag lasse viele Fragen offen, sagte der SPD-Politiker heute. „Will Ministerpräsident Laschet die Kitas komplett samt Notbetreuung schließen? Will er die Wirtschaft ganz herunterfahren? Wie lange und mit welchem konkreten Ziel sollen die Maßnahmen andauern? Das alles ist ungeklärt.“
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sagte dem Spiegel, man könne gerne jederzeit zusammenkommen. „Aber da muss auch vorher was auf dem Tisch liegen, was wir dann auch wirklich gemeinsam beschließen und vor allem auch alle umsetzen“, betonte der Linken-Politiker. „Die aktuellen Wortmeldungen sind wieder Stückwerk und von Hektik geprägt.“
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigte sich bereit, das Bund-Länder-Treffen vorzuziehen: „Ziel muss eine Verständigung der Länder sein“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) heute.
Unterstützung erhielt der CDU-Vorsitzende vom Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus. „Der Vorschlag von Armin Laschet ist richtig“, sagte der CDU-Politikern den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Bis der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung hoch genug ist, müssen wir für einen klar begrenzten Zeitraum mit einem Brückenlockdown die Gesundheit schützen und die Coronainfektionen eindämmen.“ Brinkhaus mahnte „eine schnelle Entscheidung von Bund und Ländern“ an.
Bayern ist laut CSU-Generalsekretär Markus Blume nur dann für ein Vorziehen der Gespräche, wenn alle Bundesländer grundsätzlich zu einer Verschärfung der Coronaregeln bereit sind. Eine neue Ministerpräsidentenkonferenz bringe ja nichts, „wenn danach wieder jeder Seins macht“, sagte er gestern Abend im Politik-Talk „Die richtigen Fragen“ auf „Bild live“.
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach meinte heute im RTL/ntv-„Frühstart“, nötig sei ein „harter Lockdown“ mit verschärften staatlichen Beschränkungen. Dazu gehörten Ausgangsbeschränkungen sowie eine Homeoffice- und Testpflicht in den Betrieben.
FDP-Generalsekretär Volker Wissing schrieb auf Twitter: „Mehr als ein Jahr Corona und der Lockdown bleibt das einzige Konzept. Das ist schon etwas peinlich für ein modernes Land.“ Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, erklärte, ein Brückenlockdown sei ein „unausgegorener und undurchdachter Etikettenschwindel“.
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte bei Welt, Brückenlockdown sei ein schönes Wort aus der PR-Kiste. „Aber ich hätte gerne gewusst, was schlägt Armin Laschet konkret vor.“ Es sei alles zu begrüßen, was die Infektionszahlen runterbringe. Zuallererst zähle das Impfen dazu. „Aber ich würde als wichtigste Maßnahme, um voranzukommen, vor allen Dingen vorschlagen, dass die Union die Frage der Kanzlerkandidatur klärt. Denn ich habe den Verdacht, dass dieser Vorschlag eng damit zusammenhängt und das behindert aktuell die Pandemiebekämpfung.“
Die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), hatten schon vor Tagen in einem gemeinsamen Brief an ihre Kollegen eine strikte Anti-Coronapolitik mit konsequenter Umsetzung der Notbremse in Hotspots gefordert, auch mit nächtlichen Ausgangsbeschränkungen. Härtere Maßnahmen fordert auch Merkel. Bisher war der Ruf jedoch vielerorts ungehört verhallt – auch in CDU-geführten Bundesländern.
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