Bund und Länder beschließen Obergrenzen für Feiern

Berlin – Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen sollen auf maximal 50 Teilnehmer beschränkt werden, wenn in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 35 SARS-CoV-2-Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner auftreten. Dies beschlossen heute Bund und Länder im Rahmen einer Videokonferenz.
In privaten Räumen soll es demnach keine Vorschriften zur Teilnehmerzahl geben. In dem Beschluss heißt es aber, es werde dringend empfohlen, in privaten Räumen keine Feierlichkeit mit mehr als 25 Teilnehmern durchzuführen.
Wenn es in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gibt, seien weitere Maßnahmen zu erlassen. Insbesondere solle die Teilnehmerzahl auf höchstens 25 in öffentlichen oder angemieteten Räumen festgelegt werden. In privaten Räumen werde dringend empfohlen, in diesem Fall keine Feierlichkeiten mit mehr als zehn Teilnehmern durchzuführen. Ausnahmen könne es für angemeldete Feiern mit vom Gesundheitsamt abgenommenen Hygieneplänen geben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach den Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder, es gebe vor allem in Ballungsräumen einen deutlichen Anstieg der Infektionszahlen. Ein erneuter Shutdown, also ein weitgehendes Herunterfahren des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens wie im Frühjahr, müsse unbedingt verhindert werden. Deshalb werde man regional und lokal zielgenau auf Ausbrüche reagieren.
Deutschland sei gut durch den Sommer gekommen, nun stehe mit dem Herbst und Winter aber eine „schwierigere Zeit“ bevor. Man könne sich dem aber entgegenstellen mit den richtigen Maßnahmen. Diese könnten nur durchgesetzt werden, wenn es die Bereitschaft der Bürger gebe, die Regeln zu befolgen, damit sich die Seuche nicht weiter ausbreite.
Vorrang habe, die Wirtschaft so weit es gehe am Laufen zu halten und dass Kinder in Schulen und Kitas gehen könnten, betonte Merkel.
Im Rahmen ihrer Videokonferenz appellierten Bund und Länder angesichts der beginnenden Herbstferien an die Bürgerinnen und Bürger, Reisen in Corona-Risikogebiete zu unterlassen. Diesen Appell wiederholten Kanzlerin Merkel und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Nachgang der Konferenz ausdrücklich.
Söder forderte vom Robert Koch-Institut (RKI) künftig eine rechtzeitige Vorwarnung vor der Ausweisung neuer internationaler Coronarisikogebiete. Derzeit würden neue Gebiete quasi über Nacht benannt. Da wäre aber eine Vorwarnung extrem wichtig, sagte der CSU-Chef.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) mahnte ein entschlossenes Handeln zur Verhinderung eines Lockdowns an. Es gehe darum, gezielt und zum richtigen Zeitpunkt einzugreifen, sagte er. Wie überall in Europa gingen die Infektionszahlen auch in Deutschland nach oben, "besonders in den Metropolen - in Berlin, in München, in Hamburg, wo einfach viele Menschen auf kleinem Raum leben". Darauf müsse man rechtzeitig reagieren, um einen Lockdown zu vermeiden.
Bürgerinnen und Bürger, die in einem Restaurant oder anderen Gastwirtschaften falsche Angaben zu ihrer Person machen, müssen künftig mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro rechnen – auch das beschlossen die Ministerpräsidenten der Länder. Für die konkrete Umsetzung sind die Länder selbst verantwortlich.
Zudem wollen sie die bisherige Teststrategie erweitern. So sollen zusätzlich zu den bisherigen Labortests in geeigneten Fällen vermehrt Schnelltests eingesetzt werden. In welchen Bereichen dies sinnvoll sei, werde in der anstehenden Fortschreibung der Teststrategie bis Mitte Oktober berücksichtigt.
Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt begrüßte die Beschlüsse. „Auch wenn wir lokal handeln müssen, ist es doch wichtig, dass die Kanzlerin und die Regierungschefs der Länder nun zu einer nationalen Strategie gefunden haben. Das gibt den Menschen Orientierung und den Beschäftigten im Gesundheitswesen etwas mehr Planungssicherheit.“
Die Coronabeschlüsse im Überblick
Keine weiteren größeren Öffnungsschritte: „Das Virus verzeiht keine Nachlässigkeit - es zu bekämpfen kann nur gelingen, wenn jeder und jede Einzelne mithilft!“, heißt es in dem Papier. „Insbesondere die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten öffentlichen Bereichen gilt verbindlich und wird von den Ordnungsbehörden konsequent kontrolliert und sanktioniert.“
Strafgelder: Wer falsche persönliche Angaben beim Restaurantbesuch macht, dem soll ein Bußgeld von mindestens 50 Euro drohen. Gaststättenbetreiber sollen zudem prüfen, ob die Angaben plausibel sind. Die Daten werden zur Nachverfolgung möglicher Kontakte zu Infizierten gesammelt. Thüringen verlangt, dass bundesweit festgeschrieben wird, dass die Informationen nur für den Infektionsschutz verwendet werden dürfen.
Alkohol: Wo die Infektionszahlen ansteigen, sollen regional „zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote für Alkohol“ erlassen werden, um Ansteckungen in der Gastronomie einzudämmen.
Feiern: Die Länder sollen Obergrenzen für die Teilnehmerzahl bei privaten Feiern festlegen, und zwar in zwei Stufen. Wenn es in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen pro 100 000 Menschen gibt, sollen in öffentlichen oder angemieteten Räumen wie Gaststätten höchstens 50 Personen gemeinsam feiern dürfen. Für Partys in Privaträumen wird eine maximale Teilnehmerzahl von 25 Menschen „dringlich empfohlen“ - aber nicht verpflichtend festgeschrieben.
Wenn es in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gibt, sollen höchstens noch 25 Menschen in öffentlichen oder angemieteten Räumen feiern dürfen. Für Feiern in Privaträumen wird eine Obergrenze von zehn Teilnehmern „dringlich empfohlen“. „Ausnahmen können für angemeldete Feierlichkeiten mit vom Gesundheitsamt abgenommenen Hygieneplänen zugelassen werden.“ Strengere örtliche oder Landesregelungen sind möglich.
Regionale Ausbrüche: Wenn es in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt innerhalb von sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gibt, soll „sofort ein konsequentes Beschränkungskonzept“ umgesetzt werden - gegebenenfalls auch nur für eine betroffene Einrichtung.
Frühwarnsystem: Die Länder sollen „ein geeignetes Frühwarnsystem einrichten“, um ein Überschreiten der 50-Personen-Schwelle möglichst zu vermeiden. NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU) und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatten eine Corona-Warnampel vorgeschlagen.
Fieberambulanzen: Wenn die für Herbst und Winter erwartete Grippewelle zur Corona-Seuche hinzukommt, dürfte es enger werden in Arztpraxen und Krankenhäusern. Für Entlastung sollen Fieberambulanzen, Schwerpunktsprechstunden und -praxen sorgen.
Risikogruppen wie Senioren wird empfohlen, sich vorsorglich gegen die Grippe impfen lassen. Gesundheitsämter, die mit der Verfolgung von Kontakten zu Infizierten nicht mehr hinterherkommen, werden noch einmal daran erinnert, dass sie sich in diesem Fall bei den Landesbehörden melden sollen und diese wiederum das Robert Koch-Institut alarmieren.
AHA-Formel wird länger: Die AHA-Formel rät zu einem Abstand von 1,5 Metern, Hygiene wie gründlichem Händewaschen und dem Tragen von Alltagsmasken. Nun sollen zwei neue Buchstaben dazu kommen: „C“ wie Corona-Warn-App und „L“ wie Lüften. Empfohlen wird auch in der kalten Jahreszeit regelmäßiges Stoßlüften.
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