Ärzteschaft

Bundesärztekammer erläutert den Sachstand zur GOÄ-Novelle

  • Dienstag, 24. November 2015
Uploaded: 24.11.2015 18:37:39 by mis
Theodor Windhorst (l.)und Bernhard Rochell erläuterten den aktuellen Sachstand zur GOÄ

Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) hat die Öffentlichkeit heute über den aktuellen Stand der Verhandlungen zur neuen Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) informiert. Demnach soll künftig eine Gemeinsame Kommission (GeKo) mit Vertretern aus Ärzteschaft, privater Krankenversicherung (PKV) und Beihilfe eine Positivliste erstellen, in der alle Behandlungsformen aufgelistet sind, die eine Steigerung des Gebührensatzes erlauben. Zugleich soll eine Negativliste mit Gründen erstellt werden, die Ärzte nicht zur Steigerung des Gebührensatzes verwenden dürfen.

Ist ein Steigerungsgrund in der Liste nicht enthalten, können Ärzte noch mit Wirkung für den betroffenen Behandlungsfall einen Antrag auf Aufnahme des neuen Steigerungs­grundes in die Positivliste stellen – es sei denn, der Steigerungsgrund wurde bereits in der Negativliste ausgeschlossen.

Rochell: „Es wird keine Öffnungsklausel geben“
Künftig sollen die Leistungsbewertungen der neuen GOÄ mit nicht unterschreitbaren Gebührensätzen festgelegt werden. Eine Öffnungsklausel werde es demnach nicht geben, betonte der Verwaltungsdirektor der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Bernhard Rochell, der zugleich als GOÄ-Beauftragter der BÄK fungiert. Presse­meldungen über eine Öffnungsklausel in der neuen GOÄ, die es vor kurzem gegeben hatte, bezeichnete er als falsch.

Richtig sei, dass im Rahmen von Modellvorhaben neue Versorgungselemente erprobt und bei einer Bewährung in die gesamte GOÄ aufgenommen werden sollen, so Rochell. In diesen Modellvorhaben sei jedoch keine Unterschreitung der GOÄ-Positionen möglich. „Preisdumping wird es deshalb nicht geben. Das hat auch der PKV-Verband so bestätigt. Eine Öffnungsklausel ist komplett vom Tisch“, betonte er.  

Windhorst: „Es kann alles abgerechnet werden, dem der Patient zuvor zugestimmt hat“
Dass es künftig nur zwei Gebührensätze geben solle, liege daran, dass die von der Ärzteschaft geforderte deutliche Anhebung des einfachen Gebührensatzes nur unter der Voraussetzung einer deutlichen Reglementierung der Steigerung durchsetzbar sein werde, erklärte Rochell.  Das Abrechnungsverfahren werde sich dadurch allerdings deutlich vereinfachen, weil es keine „Begründungsarien“ von Ärzten mehr gegenüber den PKV-Unternehmen geben müsse.

Theodor Windhorst, Vorsitzender des GOÄ-Ausschusses der BÄK, betonte, dass zusätzlich zu diesen beiden Gebührensätzen alles abgerechnet werden könne, dem der Patient zuvor zugestimmt habe. Die ausgehandelte Steigerung müsse dann allerdings vom Arzt begründet werden.

Windhorst erklärte zudem, dass die sprechende Medizin aufgewertet werden solle: „Künftig können Gespräche in Zehn-Minuten-Intervallen abgerechnet werden.“ Darüber hinaus werde ein patientenbezogener Zusatzaufwand weiterhin durch Zuschläge bewertet, zum Beispiel bei Kindern oder kognitiv eingeschränkten Patienten. Auch könnten Ärzte weiterhin unter dem Hinweis auf ihre besondere Qualifikation mehr abrechnen, ergänzte Rochell. Dem müsse der Patient jedoch vor der Behandlung zustimmen.   

Wie hoch der gesamte Anstieg des Honorars wird, ist noch offen
Wie hoch der gesamte Anstieg des Honorars im Rahmen der GOÄ-Novelle ausfallen werde, könne derzeit noch nicht gesagt werden, so Rochell. Die BÄK habe einen Zuwachs im zweistelligen Bereich gefordert, der PKV-Verband eine Absenkung der Honorare oder eine Nullrunde. Beide Verhandlungspartner seien sich jedoch einig, dass die neue GOÄ zum 1. Oktober 2016 in Kraft treten solle. Dafür müsse das Bundesge­sundheitsministerium (BMG) allerdings im ersten Quartal des Jahres 2016 eine entsprechende Rechtsverordnung auf den Weg bringen, so Windhorst.

Rochell kündigte an, dass es nach Inkrafttreten der neuen GOÄ eine 36-monatige Monitoringphase geben werde, in der überprüft werden solle, ob der von BÄK und PKV-Verband noch zu konsentierende Steigerungswert für die Arzthonorare in der Realität über- oder unterschritten wird. „Wenn es Steigerungen geben wird, die medizinisch nicht begründbar sind, müssen wir über Anpassungen reden“, so Rochell. „Gibt es hingegen zum Beispiel eine Grippewelle und sind die Steigerungen begründbar, muss die PKV die Ausgaben tragen.“ Mit einem Budget für die GOÄ habe das allerdings nichts zu tun. Vielmehr handele es sich um einen „Korridor“.   

Gemeinsame Kommission wird paritätisch besetzt
Bislang noch unklar war die Besetzung der GeKo. „Sie wird paritätisch besetzt werden“, erklärte Rochell heute, „neben vier Ärztevertretern zwei Vertreter der PKV und zwei Vertreter der Beihilfe.“ Aufgabe der GeKo wird es auch sein, die GOÄ an den aktuellen Stand des medizinischen Fortschritts anzupassen und neue Verfahren zeitnah in die GOÄ aufzunehmen. „Es wäre schlecht, wenn wir jetzt die neue GOÄ einführen und dann wieder 20 Jahre liegenlassen“, sagte Rochell.  

Das Instrument der Analogbewertungen solle dabei beibehalten werden, um den Fortschritt direkt aufnehmen zu können. Möglichst zügig sollten dann wichtige Leistungen in die GOÄ übernommen werden.

In der GeKo soll ein Einvernehmensprinzip gelten. Demnach können nur Entschei­dungen getroffen werden, wenn sich alle Mitglieder der GeKo einig sind. Kommt keine Einigung zustande, soll das Bundesgesundheitsministerium entscheiden. Eine Schieds­stelle wird es nicht geben. Ist ein Arzt oder ein Patient mit einer Entscheidung der GeKo nicht einverstanden, kann er den Fall gerichtlich klären lassen. 

Windhorst: „Ein außerordentlicher Ärztetag ist nicht erforderlich“
Die Bundesärztekammer informierte heute auch die Berufsverbände und die medizi­nisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften über den Stand der Verhandlungen zur GOÄ. Die Berufsverbände hatten sich zuvor oft kritisch geäußert. Auch heute gab der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dirk Heinrich, seiner Befürchtung Ausdruck, dass der einfache Gebührensatz künftig kaum überschritten werden könne.

Denn für die Abrechnung des zweifachen Satzes werde es lediglich eine eingeschränkte Liste mit Begründungen geben. Er kritisierte zudem, dass sich die GOÄ an den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) annähere. Dadurch würden die Weichen in Richtung einer einheitlichen Gebührenordnung gestellt. Für die vorgesehenen Änderungen sei eine breite Diskussion innerhalb der Ärzteschaft unabdingbar, zum Beispiel im Rahmen eines außerordentlichen Ärztetages.

Dieser Forderung erteilte Windhorst eine Absage. Seit dem Jahr 2004 habe es auf jedem Deutschen Ärztetag Anträge zu diesem Thema gegeben. Neben vielen angenommen Anträgen seien auch viele Anträge abgelehnt worden. Inhaltlich sei daher auf den regulären Ärztetagen alles besprochen worden. Ein außerordentlicher Ärztetag sei daher nicht erforderlich.

fos

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