Bundestag stimmt Befugniserweiterung für Pflege zu

Berlin – Der Bundestag hat dem Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege zugestimmt. Nach einer gut einstündigen Debatte votierten Union und SPD heute für das Regelungspaket in einer vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung – Grüne und Linke enthielten sich, die AfD stimmte dagegen.
„Pflegekräfte können viel mehr als sie bislang dürfen“, betonte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), die bei der Abstimmung aufgrund des Treffens der G20-Gesundheitsministerinnen und -minister nicht anwesend war, in einem Statement. Zurecht würden sie die Forderung nach mehr Befugnissen entsprechend ihrer tatsächlichen Kompetenzen erheben: Die Versorgung müsse auf mehr Schultern verteilt werden.
„Mehr Befugnisse erhöhen die Attraktivität, weniger Bürokratie schafft mehr Freiräume: Denn jede Minute, die sich eine Pflegekraft nicht mit Bürokratie beschäftigt, ist eine gewonnene Minute für die Versorgung am Menschen“, so Warken.
Derzeit würden Pflegekräfte „tagtäglich von der vorhandenen Bürokratie lahmgelegt“ und fehlten damit in der Versorgung", beklagte die CDU-Abgeordnete Anne Janssen in der Plenardebatte. Mit dem neuen Gesetz werde „den Menschen, die Tag und Nacht Verantwortung tragen, endlich der Rücken gestärkt“. Das Gesetz gebe den Pflegefachkräften mehr Befugnisse – diese bekämen „eigenverantwortliche und weisungsfreie“ Handlungsoptionen.
Claudia Moll (SPD) verwies darauf, dass dieses Gesetz für die Profession Pflege einen deutlichen Schritt nach vorne bringe. Es gehe um „kürzere Wege, klare Zuständigkeiten und bessere Versorgung für Patientinnen und Patienten“. Mit den klaren Rahmenbedingungen für Kompetenzerweiterungen verknüpfe sie die Erwartung von positiven Effekten.
Der Ansatz des Gesetzes sei zwar richtig, sagte Simone Fischer (Grüne), gehe aber nicht weit genug. „Halbherzige Regelungen, die Eigenverantwortung versprechen, aber an ärztlicher Delegation festhalten, führen nicht sehr weit.“ Die Linken-Abgeordnete Evelyn Schötz sprach in diesem Zusammenhang von einer „Teilzeitreform“, die Pflege weiterhin als Anhängsel der Medizin statt als eigenständigen Beruf behandle – insgesamt bleibe das Gesetz hinter den Erwartungen zurück.
Das Gesetz hat zum Ziel, die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern. Unter anderem sollen die vielfältigen Kompetenzen von Pflegefachpersonen in der Versorgung stärker genutzt werden können.
Demnach sollen Pflegefachpersonen künftig neben Ärztinnen und Ärzten eigenverantwortlich weitergehende Leistungen als bisher und, je nach Qualifikation, auch Leistungen erbringen können, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Genannt werden Aufgaben in den Bereichen diabetische Stoffwechsellage, chronische Wunden und Demenz.
Die konkreten Aufgaben sollen in einem sogenannten „Muster-Scope of Practice“ – einer Art Mustervorgabe für den Leistungsumfang – differenziert beschrieben werden. Dies soll Grundlage für weitere Entwicklungsschritte hinsichtlich der leistungsrechtlichen Befugnisse von Pflegefachpersonen werden. Pflegefachpersonen sollen in der hochschulischen Pflegeausbildung oder über bundesweit einheitliche Weiterbildungen zusätzliche heilkundliche Kompetenzen erwerben können.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßte die angestrebten Fortschritte bei den Arbeitsbedingungen in der Pflege, mahnte aber weitere Reformen an. „Pflegeberufe müssen noch attraktiver und noch interessanter für Absolventinnen und Absolventen werden“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der DKG, Henriette Neumeyer. Demografischer Wandel und medizinischer Fortschritt sorgten dafür, dass man stetig mehr Pflegekräfte in den Krankenhäusern benötige.
„Das verlangt nach mehr Menschen, die sich für eine Pflegeausbildung entscheiden, aber auch nach Rahmenbedingungen, die Teilzeitbeschäftigte in die Vollzeit zurückkehren lassen und Fachkräfte aus dem Ausland von einem Arbeitsplatz in Deutschland überzeugen“, erklärte Neumeyer. Das nun beschlossene Gesetz sei ein folgerichtiger Schritt in der Entwicklung des Pflegeberufs in Deutschland.
„Mehr Aufgaben für Pflegefachkräfte, die vorher bei Ärztinnen und Ärzten lagen, entlasten unser Gesundheitssystem, sorgen für mehr Flexibilität und vor allem für mehr Verantwortung und Kompetenz für die Pflegekräfte“, so Neumeyer. Viel zu tun gebe es aber beispielsweise noch im Bereich der Bürokratie. Hier sei die Politik gefragt, Doppel- und Mehrfachdokumentation und andere unnötige Lasten noch viel stärker abzubauen.
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