Politik

Kompetenzen von Pflegekräften sollen erweitert werden

  • Donnerstag, 11. September 2025
/picture alliance, ANP, Jeffrey Groeneweg
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Berlin – Pflegekräfte sollen nach dem Willen der Regierungskoalition mehr Kompetenzen bekommen, um den Beruf attraktiver und effizienter zu gestalten. Heute beriet der Bundestag in erster Lesung über den Entwurf für das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege.

Mitberaten wurde zudem ein zweiter Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Pflegefachassistenzausbildung, mit dem die Ausbildung von Assistenzkräften bundesweit vereinheitlicht werden soll.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hob in der Bundestagsdebatte hervor, Pflegefachpersonen könnten „künftig Aufgaben übernehmen, die bisher Ärztinnen und Ärzten vorbehalten waren“. Zudem solle die Pflege „von vermeidbarer Bürokratie befreit“ werden.

„Jede Minute, die sich eine Pflegekraft nicht mit Formularen beschäftigt, ist eine gewonnen Minute für die pflegebedürftigen Menschen.“ Erleichtert werden soll auch die Anerkennung von im Ausland oder in anderen Bundesländern erworbenen Abschlüssen.

„Pflege ist eine Lebenssituation, die jeden und jede jederzeit betreffen kann“, sagte Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU). Mit den geplanten Neuregelungen eröffne man auch „Chancen für Menschen, die bisher für diesen Beruf nicht in Betracht kamen“.

Prien bezeichnete die vorgesehenen Regelungen als ersten Schritt zur Stärkung der Pflege. Weitere sollten folgen, um deren Finanzierung zu sichern und „die Pflege zukunftsfest zu machen“. Auch Rahmenbedingungen für pflegende Angehörige müssten dringend verbessert werden.

Die neue einheitliche 18-monatige Pflegeassistenzausbildung soll Anfang 2027 die bisher geltenden 27 unterschiedlichen Landesregelungen ersetzen. Sie soll unterschiedliche Einsatzbereiche umfassen und damit laut Regierung „vielfältige Berufsperspektiven eröffnen“.

Ein bestimmter Schulabschluss soll als Zugangsvoraussetzung nicht mehr vorgeschrieben werden, der Regelfall soll aber mindestens ein Hauptschulabschluss sein. Alle Auszubildenden sollen künftig eine angemessene Ausbildungsvergütung erhalten. Im Pflegealltag sollen Dokumentationspflichten „auf das notwendige Maß“ begrenzt werden.

Mit dem Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege sollen Pflegekräfte mehr medizinische Kompetenzen erhalten. So sollen sie – je nach Qualifikation – zum Beispiel bei der Versorgung von Diabetes, Wundheilungsstörungen und Demenz eigenständig helfen können, ohne auf ärztliche Weisung angewiesen zu sein.

Die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmer sprach mit Blick auf die Neuregelung von einem „guten Tag für die Profession Pflege“. Zur Erweiterung der Kompetenzen für Pflegefachkräfte sagte sie, diese „können sehr viel mehr, als ihnen bisher gesetzlich erlaubt ist“. Positiv sei zudem der Wegfall des derzeitigen „Ausbildungsflickenteppichs“.

Simone Fischer (Grüne) beklagte, die Koalition lege Stückwerk vor. Die Entwürfe würden als Aufbruch verkauft, es sei aber kein großer Reformschritt. Statt Vertrauen in die Pflege zu zeigen, bleibe es in der Pflegekompetenz bei der Abhängigkeit von ärztlicher Delegation.

Sie forderte: „Für die Pflege brauchen wir einen großen Wurf, das ist die offensichtliche Schwäche dieser Bundesregierung.“ Auch beim Assistenzgesetz bleibe vieles offen. Der Ansatz sei zwar richtig, aber ohne verbindliche Standards in der Ausbildung entstehe Unsicherheit statt Verlässlichkeit.

Auch Julia-Christina Stange (Linke) ging auf die Ausbildungsqualität ein und mahnte: „Wenn wir den Fachkräftemangel ernsthaft bekämpfen wollen, brauchen wir eine attraktive Pflegefachassistenzausbildung, keine Billiglösung für Profite.“

Man unterstütze grundsätzlich die Intention des Gesetzgebers, eine qualifikatorisch gestufte pflegerische Versorgung einzuführen und mit einer Weiterentwicklung von Pflegekompetenzen die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern, betonte die Bundesärztekammer (BÄK) in ihrer Stellungnahme. Allerdings werde dies zu beachtende Auswirkungen auf das Haftungsrecht haben. Zudem müssten die ärztlichen Kernkompetenzen erhalten bleiben.

KBV begrüßt Anpassungen bei elektronischer Patientenakte

„Insgesamt unterstützen wir die Intention des Gesetzgebers, mit Blick auf den demografischen Wandel den Ausbau einer gestuften und aufeinander abgestimmten pflegerischen Versorgung und damit auch die Weiterentwicklung der Pflegekompetenzen anzugehen“, sagten heute die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner.

Aus Sicht der KBV ist es wichtig, keine neuen und entbehrlichen Schnittstellen zwischen den Professionen oder Doppelungen von Versorgungsangeboten zu schaffen. Gefördert werden sollten daher vor allem integrierte Versorgungsmöglichkeiten.

„Wir begrüßen es ausdrücklich, dass – so heißt es im aktuellen Gesetzentwurf – nach ärztlichem Ermessen in besonderen Fällen davon abgesehen werden darf, Daten in die elektronische Patientenakte (ePA) einzustellen“, so der KBV-Vorstand weiter. Dies soll laut dem Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege gelten, wenn dem „erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen“.

Der Deutsche Pflegerat (DPR) begrüßte die Vorhaben der Bundesregierung. Damit werde der Pflegeberuf als eigenständiger Heilberuf erstmalig fest in der Gesundheitsversorgung verankert, sagte DPR-Präsidentin Christine Vogler. Allerdings komme es nun darauf an, wie genau die Befugnisse definiert werden.

Das Deutsche Rote Kreuz kritisierte, dass das Gesetz so eng gefasst sei, dass nur die zwei Prozent der Pflegekräfte profitierten, die ein Pflegestudium absolviert hätten.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) unterstützt beide Gesetzesinitiativen ausdrücklich, betonte jedoch, dass an entscheidenden Stellen noch Nachbesserungen notwendig seien. Kritisch sieht die DKG unter anderem, dass zwar Entlastungen im Bereich der Langzeitpflege vorgesehen sind, für die Krankenhäuser aber keine Maßnahmen zum Bürokratieabbau.

Von „sinnvollen Maßnahmen“ sprach der AOK-Bundesverband. Dies gelte für die Kompetenzerweiterungen, aber auch „das Ziel einer spürbaren Entbürokratisierung in der Pflege ist richtig und wichtig“, erklärte die Vorstandsvorsitzende Carola Reimann.

aha/afp/dpa/kna

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