Medizin

SARS-CoV-2: Remdesivir bleibt in großer Studie ohne Einfluss auf Überleben

  • Freitag, 16. Juli 2021
/Feydzhet Shabanov, stock.adobe.com
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Iowa City – Die Erfahrungen mit Remdesivir, dem einzigen Virustatikum mit einer Zulassung für die Be­handlung von COVID-19, sind durchwachsen. In einer Kohorte von US-Veteranen konnte die Sterb­lichkeit nach den in JAMA Network Open (2021; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.14741) vorgestellten Er­gebnissen einer retro­spektiven Studie mit „Propensity Score Matching“ nicht gesenkt werden. Die Not­wendigkeit zur intra­venösen Gabe könnte die Krankenhausliegezeiten unnötig verlängert haben.

Remdesivir wurde in den USA im Mai letzten Jahres zunächst provisorisch per „Emergency Use Authoriza­tion“ und ab Oktober endgültig zugelassen. Grundlage waren die Ergebnisse der ACTT-1-Studie, in der Remdesivir die Dauer bis zur Entlassung verkürzte. Eine Senkung der Sterblichkeit war tendenziell er­kennbar, aber statistisch nicht sicher nachweisbar.

Mit der Zulassung konnten auch Kriegsveteranen, die in den USA ein Recht auf eine kostenlose Behand­lung haben, mit Remdesivir behandelt werden. Bis Ende November erhielten an 123 Kliniken der Vetera­nenbehörde 2.374 von 5.898 Veteranen mit COVID-19 Remdesivir. Behandelt wurden eher ältere Patien­ten mit begleitenden Lungenerkrankungen (COPD), die wegen eines Abfalls der Sauerstoffsättigung häufiger bereits auf Intensivstation behandelt wurden.

Ein Team um Michael Ohl von der Universität in Iowa City hat versucht, die Nachteile, die sich aus höheren Ausgangsrisiken und einer schwereren COVID-19 ergeben, durch ein „Propensity Score Matching“ auszugleichen. Dabei werden jeweils Patienten mit gleichen Eigenschaften verglichen. Die Methode hat ihre Grenzen, da nicht alle Patienteneigenschaften in den Krankenakten verzeichnet sind und die Neigung bestanden haben könnte, das Mittel bevorzugt bei Patienten anzuwenden, die es am dringendsten benötigen, weil sie schwerer erkrankt sind.

Tatsächlich war die 30-Tage-Mortalität bei den mit Remdesivir behandelten Patienten mit 12,2 % versus 10,6 % in der Kontrollgruppe etwas höher, auch wenn die adjustierte Hazard Ratio von 1,06 mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,83 bis 1,36 nicht signifikant war. Erwartet wurde allerdings ein niedrige­res Sterberisiko wie in der ACTT-1-Studie mit der Hoffnung, dass die Ergebnisse aufgrund der höheren Fallzahl signifikant ausfallen werden.

Dass dies nicht der Fall war, ist ein enttäuschendes Ergebnis der Studie. Die Kombination mit Dexa­me­thason, das in der randomisierten REVOVERY-Studie die Sterblichkeit der Patienten gesenkt hat, änderte übrigens nichts an den Ergebnissen.

In der ACTT-1-Studie hatten die Patienten eine 10-tägige Behandlung erhalten, später wurde die Dauer auf 5 Tage verkürzt. Die Fachinformationen stellen den Ärzten frei, die Behandlung auch schon früher zu beenden, wenn es dem Patienten besser geht.

Die Protokolle der klinischen Studien haben jedoch häufig eine normative Wirkung. Dies könnte ein 2. ungünstiges Ergebnis der Studie erklären: COVID-19-Patienten, die Remdesivir erhielten, wurden median nach 6 Tagen aus der Klinik entlassen gegenüber 3 Tagen in der Kontrollgruppe ohne Remdesivirbe­hand­lung. Ein wesentlicher Nachteil von Remdesivir ist, dass das Mittel täglich per Infusion gegeben werden muss. Eine ambulante Fortsetzung der Behandlung ist kaum möglich.

rme

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