Medizin

Carotisstenose: Stent und Operation bei asymptomatischen Patienten gleichwertig

  • Donnerstag, 18. Februar 2016
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Boston – Patienten mit hochgradiger aber asymptomatischer Carotisstenose, bei denen heute in der Regel eine Endarteriektomie durchgeführt wird, erzielten in einer randomisierten Vergleichsstudie nach der Implantation eines Stents gleich gute Langzeitergebnisse, auch wenn die periprozeduralen Risiken etwas häufiger waren. Die Ergebnisse wurden auf der International Stroke Conference in Los Angeles vorgestellt und im New England Journal of Medicine (2016; doi: 10.1056/NEJMoa1515706) publiziert.

Stenosen im extrakraniellen Anteil der Arteria Carotis sind für etwa 20 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich. Bei einer Stenose von mehr als 60 Prozent wird den Patienten heute auch dann zu einer Behandlung geraten, wenn sie ohne Symptome sind. Die Evidenz gründet sich auf zwei randomisierte Studien (Asymptomatic Carotid Atherosclerosis Stenosis Trial und Asymptomatic Carotid Surgery Trial), in denen es zu weniger Schlaganfällen kam, wenn die Patienten sofort operiert wurden.

Seit einigen Jahren können Carotisstenosen auch mit einem Stent versorgt werden. Die Drahtprothesen werden über eine Arterie bis in die Arteria carotis vorgeschoben, wo sie sich von selbst ausdehnen und das stenosierte Gefäß weiten. Moderne Katheter sind mit einer schirmförmigen Filtereinrichtung versehen, die kleinere Gerinnsel oder Plaque-Bestandteile, die sich eventuell bei der Implantation von der Wand lösen, auffangen. Die Gefahr eines periprozeduralen Schlaganfalls wird dadurch gesenkt.

Im Asymptomatic Carotid Trial (ACT 1), dessen Ergebnisse Kenneth Rosenfield vom Massachusetts General Hospital in Boston und Mitarbeiter jetzt vorstellen, erlitten 30 von 1.072 Patienten (2,8 Prozent) einen Schlaganfall, doppelt so viele wie nach der Endarteriektomie, wo das Ereignis bei 5 von 348 Patienten (1,4 Prozent) in den ersten 30 Tagen nach der Operation auftrat. Dafür kam es nach der Endarteriektomie etwas häufiger zu Herzinfarkten (0,9 Prozent versus 0,5 Prozent im Stent-Arm).

Der Composite aus Tod, Schlaganfall oder Herzinfarkt trat nach Stent-Implantation bei 3,3 Prozent der Patienten und nach Endarteriektomie bei 2,6 Prozent der Patienten auf. Beide Verfahren haben sich damit in hohem Maße als sicher erwiesen. Dies ist allerdings auch notwendig bei Patienten, die bisher keine Beschwerden haben und bei denen die Therapie einem Ereignis vorbeugen soll, dass nicht allzu häufig ist.

Nach dem 30. Tag waren die Ergebnisse in beiden Gruppen gleich. Bis zum Ende des fünften Jahres waren in der Stent-Gruppe 97,8 Prozent der Patienten ohne Schlaganfall in der Hirnhälfte, die von der behandelten Arterie versorgt wird. Nach der Endarteriek­tomie erreichten 97,3 Prozent der Patienten diesen Endpunkt der Studie. Die Differenz liegt damit unter der vorgegebenen Inferioritätsmarge von 3 Prozentpunkten.

Auch das Gesamtüberleben nach 5 Jahren (87,1 Prozent nach Stent-Implantation und 89,4 Prozent nach Operation) und das Überleben ohne Schlaganfall (93,1 Prozent versus 94,7 Prozent) gab es keine Unterschiede. Für Rosenfield gibt es deshalb keinen Grund, warum die Operation einer Stentimplantation vorgezogen werden sollte. Die Studie ergänzt die Ergebnisse der CREST-Studie, die die Gleichwertigkeit beider Verfahren bei überwiegend symptomatischen Patienten gezeigt hatte.

Es könnte jedoch sein, dass sowohl Operation als aus Stent-Implantation bei asymptomatischen Patienten eine Übertherapie sind. Die Ergebnisse der rein medikamentösen Therapie haben sich nämlich in den letzten Jahren gebessert. Ob sie mit der Operation oder der Stentimplantation konkurrieren kann, wird derzeit in der CREST 2-Studie an 2.480 Patienten untersucht.

rme

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