Chemotherapeutikum könnte Anfälligkeit für Depression erhöhen

London – Ein Chemotherapeutikum, das zur Behandlung von Hirntumoren eingesetzt wird, könnte die Anfälligkeit für eine Depression erhöhen. Das meinen Forscher des King’s College London unter der Leitung von Martin Egeland. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse im Translational Psychiatry Journal (2017; doi: 10.1038/tp.2017.68).
Laut den Autoren ist es schwierig zu bestimmen, ob Depressionen bei Tumorpatienten psychische Krankheitsfolgen sind oder eine Nebenwirkung der Chemotherapie. Neuere Studien haben den Wissenschaftlern zufolge zudem gezeigt, dass Depressionen besonders häufig bei Patienten mit Hirntumoren auftreten. Rund 30 Prozent der Patienten leiden laut der Arbeitsgruppe an einer Depression, die damit aber immer noch unterdiagnostiziert sei. Die Forscher des King’s College London untersuchten jetzt, ob der Einfluss, den Chemotherapeutika auf die Neurogenese haben, auch biologische Veränderungen in den Mechanismen des Gehirns zur Folge haben könnte, die eine Depression begünstigen.
Die Wissenschaftler verabreichten Mäusen das Chemotherapeutikum Temozolomide (TMZ). Die Mäuse zeigten eine signifikante Reduktion beim Heranwachsen neuer Hirnzellen im Hippocampus, einer Region die für Emotionen und Gedächtnis verantwortlich ist. Je mehr das Medikament die Neurogenese verringerte, desto größer war die Zunahme der Stresshormone, wenn die Mäuse Stress ausgesetzt waren. Bei der Beobachtung der Mäuse im Anschluss an die Therapie mit TMZ fielen vermehrte Veränderungen im Sinne einer Depression auf. Hierzu zählten die Forscher eine verminderte Robustheit bei der Verarbeitung von neuen Umständen und ein vermindertes Interesse an einer Belohnung mit Zuckerlösung.
Martin Egeland vom Institut für Psychiatry, Psychology & Neuroscience am King’s College London fügt an, dass Chemotherapeutika bei der Behandlung einer Krebserkrankung unerlässlich seien, doch könnten die Erkenntnisse dazu beitragen, neue Behandlungsmöglichkeiten gegen Nebenwirkungen wie Depression zu finden, um so die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen. Als nächsten Schritt möchten die Forscher untersuchen, welche Interventionen oder Medikamente wie Antidepressiva die Folgen der Chemotherapie abschwächen könnten.
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