Cholinerge Signalblockade könnte bei peripheren Neuropathien helfen
San Diego – Die Blockade muskarinischer Acetylcholinrezeptoren vom Typ 1 könnte künftig eine Behandlungsoption für diabetisch und toxisch induzierte Neuropathien sein. Im Journal of Clinical Investigation berichten Forscher mit Erstautor Nigel Calcutt von der San Diego School of Medicine (2017; doi: 10.1172/JCI88321).
Die Behandlungsoptionen für Polyneuropathien sind bisher vergleichsweise rar. Sie umfassen eine symptomatische Therapie und die Vermeidung auslösender Faktoren. Bekannt sind laut Autoren über 500 Auslöser für periphere Polyneuropathien. Toxisch und metabolisch induzierte Fälle durch Diabetes und Alkohol machen jedoch etwa die Hälfte der Erkrankten aus. Bisher wurden verschiedene Faktoren der nervalen Degeneration untersucht, darunter auch die Dysfunktion der Mitochondrien, die beispielsweise bei Diabetes auftritt. Um die entstehenden Schäden auszugleichen, bedarf es einer neuronalen Regeneration, bei der Axone wieder aussprossen und Verbindungen knüpfen.
Neurotransmitter sind wichtige Modulatoren der neuronalen Plastizität. Die Forscher vermuteten, dass in ihnen der Schlüssel zur neuronalen Regeneration liegen könnte. Acetylcholin ist einer der wichtigsten Transmitter im peripheren Nervensystem. Sie untersuchten an transgenen Mäusen die Rolle des cholinergen Signalwegs.
Im Rahmen mehrerer Versuche stellten die Wissenschaftler fest, dass das neuronale Wachstum durch die Aktivierung muskarinischer Acetylcholinrezeptoren vom Typ 1 eingeschränkt wurde. Mäuse, die an Diabetes litten und den Rezeptor nicht exprimierten, entwickelten keine Polyneuropathie. In-vitro- und In-vivo-Experimente zeigten, dass eine medikamentöse Blockade des Rezeptors neuroprotektiv wirkte. Die Blockade des Rezeptors führte zur Aktivierung der AMP-aktivierten Kinase (AMPK). Die AMPK ist ein wichtiger Signalweg, der die Zelle bei Energiemangel, wie er bei dysfunktionalen Mitochondrien auftritt, vor einem Kollaps bewahrt.
Möglicherweise könnte eine Blockade des Rezeptors auch Menschen vor einer Polyneuropathie schützen. Da die Erfahrung mit anticholinergen Medikamenten aus anderen Therapiebereichen groß ist, hoffen die Forscher, dass ihre Erkenntnisse zeitnah zu ersten klinischen Studien führen.
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