Medizin

Polyneuropathie: Adipositas schädigt periphere Nerven

  • Dienstag, 1. November 2016

Ann Arbor – Die Polyneuropathie, eine häufige Folgeerscheinung des Typ 2-Diabetes, tritt im Verlauf der Erkrankung früher auf, als bisher angenommen. In einer Querschnittsstudie in JAMA Neurology (2016; doi: 10.1001/jamaneurol.2016.3745) wurden die Nervenschäden bei deutlich adipösen Teilnehmern gefunden, deren Blutzuckerwerte (noch) normal waren.

Ein langjähriger erhöhter Blutzucker gilt als wichtigster Auslöser für periphere und viszerale Nervenschäden, unter denen die meisten Diabetiker leiden und die wegen der Gefahr von unbemerkt auftretenden Ulzera schwerwiegende Folgen haben können. Bislang gilt die Lehrmeinung, dass die Nervenschäden erst Jahre nach der Manifes­tation des Diabetes auftreten. Viele Teilnehmer eines Gewichtsmanagement-Programms der Universität von Michigan hatten jedoch bereits neurologische Ausfälle, obwohl ihr Blutzucker – auch im Glukosebelastungstest – noch normal war.

Die 102 Teilnehmer, die mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 41,1 stark adipös waren, und 53 schlanke Kontrollen (BMI 22,9) waren von Neurologen auf periphere Nervenschäden untersucht worden. Es galt die Definition der Toronto Consensus-Konferenz, nach denen zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sein müssen: Plus- und Minussymptome (etwa sensible Reizerscheinungen, Schmerzen, Krämpfe, Taubheitsgefühl), Ausfälle bei der sensorischen Untersuchung und/oder Störungen der Reflexe.

Diese Definition erfüllten 3,8 Prozent der Kontrollen. Bei den adipösen Teilnehmern der Diätgruppe, die noch normale Blutzuckerwerte hatten, betrug die Prävalenz bereits 11,1 Prozent, bei den adipösen Teilnehmern mit Prädiabetes (pathologischer Glukose­belastungstest) waren 29 Prozent betroffenen und von den Typ 2-Diabetikern hatten 34,6 Prozent eine Polyneuropathie.

Brian Callaghan von der Universität von Michigan in Ann Arbor ermittelt bereits für die adipösen Patienten ohne Diabetes eine signifikante Odds Ratio von 1,24 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,00-1,55), die bei Diabetikern auf 4,90 (1,06-22,63) anstieg. Die Studie zeigt erstmals, dass neben dem Blutzucker auch die Adipositas ein Auslöser der Polyneuropathie sein kann.

Die Pathogenese ist nicht klar. Callaghan vermutet, dass andere Komponenten des metabolischen Syndroms (dazu gehören ein Anstieg von Blutdruck, Trigylyzeriden oder LDL-Cholesterin) eine Rolle spielen könnten. Die Teilnehmerzahl war zu gering, um dies näher zu untersuchen.

rme

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